Staatsschutzreform

Staatsschutzschild erweitern

Die Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung werden reformiert. Sie sollen in Zukunft für den Staatsschutz und die Extremismusbekämpfung verantwortlich sein. Der Nachrichtendienst wird nur mehr von der DSN wahrgenommen. Die Reform soll Anfang 2024 abgeschlossen sein.

Präsentation der LVT-Reform im Innenministerium: DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner, Innenminister Gerhard Karner, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Franz Ruf
Präsentation der LVT-Reform im Innenministerium:
DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner, Innenminister Gerhard Karner
Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Franz Ruf
© Jürgen Markowecz

Es sind die gegenwärtigen Bedrohungsszenarien, die eine konsequente Weiterentwicklung unseres Staatsschutzes gerade auch in den Bundesländern erfordern. Die bisherigen Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung werden zu Landesämtern Staatsschutz und Extremismusbekämpfung“ (LSE) weiterentwickelt“, sagte Innenminister Gerhard Karner bei einer Pressekonferenz zu den zentralen Punkten der Landesämter-Reform am 14. März 2023 in Wien. „Wir erweitern damit das Schutzschild der Republik, um auch weiterhin die Sicherheit der Menschen in diesem Land zu garantieren“, sagte Karner. Dafür soll künftig in den Ländern eingeschätzt werden, von welcher Person eine besondere Gefahr für den Staat ausgeht.

Die Trennung von Staatsschutz und Nachrichtendienst sei aufgrund geänderter Bedrohungsszenarien, der Hausdurchsuchung bei der Vorgängerorganisation BVT und „Nachteile in der internationalen Zusammenarbeit“ notwendig geworden, erklärte der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, bei der Präsentation der LVT-Reform. Die neuen LSE sind an die Struktur der DSN angepasst und sollen ausschließlich für den Staatsschutz zuständig sein, der Nachrichtendienst bleibt bei der DSN“, sagte Ruf. Die Regionalreform soll Anfang 2024 abgeschlossen sein.

Drei Kernpunkte der Reform

  • IT-Ermittlungen: In jedem Landesamt Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) werden Ermittlungsbereiche für den Cyber-Raum und für Cyber-Forensik eingerichtet. Dadurch entstehen Kompetenzen und Ermittlungsbereiche, die es im Staatsschutz braucht, um Radikalisierung und extremistischen Straftaten im Cyber-Raum entgegenzutreten. IT-Ermittlungen und digitale Forensik sollen laut Omar Haijawi-Pirchner, Direktor der DSN, zusammengeführt werden, „um die Bearbeitung komplexer Themen durch IT-Spezialistinnen und Spezialisten sicherzustellen“.
    In den künftigen LSE soll es zusätzlich ein eigenes Referat geben, das sich „mit hochkomplexen Cybercrime-Delikten“ auseinandersetzen soll. Dazu zählen Hacker- und Spionageangriffe. In sechs Bundesländern werden in der Kriminaldienstreform Cybercrime-Trainingscenter eingerichtet, die auch diese Beamtinnen und Beamten ausbilden sollen. Kärnten und Salzburg werden sich etwa ein Trainingscenter teilen.
  • Prävention: Um entschieden gegen jede Form von Extremismus vorzugehen, braucht es auch Präventionsmaßnahmen, mit besonderem Fokus auf Schulen und Vereine. Speziell ausgebildete Polizistinnen und Polizisten werden in Zukunft Sensibilisierungs-Vorträge in Schulen abhalten. 80 Personen werden dafür heuer ausgebildet, der erste Lehrgang für diese Präventionsbediensteten wurde bereits mit 25 Teilnehmenden gestartet.
  • Staatsschutzsensoren. Durch „Staatsschutzsensoren“ wird die Stärkung der Regionalität des Verfassungsschutzes sichergestellt. Bei Staatsschutzsensoren handelt es sich um speziell ausgebildete Polizeibedienstete, die die „Ohren und Augen“ des Verfassungsschutzes in den Bezirken sein werden. Dadurch können für den Staatsschutz relevante Informationen rasch an Ermittlungsbehörden auf Bundes- oder Landesebene weitergegeben werden. Auch das Gefährdungs- und Risikomanagement werde überarbeitet bzw. verbessert und eine „Gefährderbewertung mit einer hohen Qualität“ geschaffen. „In der DSN werden alle Gefährdungsanalysen gesammelt. Wir verfügen seit 2021 über spezielle Bewertungstools für die rechtsextreme, als auch die islamistische Szene“, erklärte der DSN-Direktor Haijawi-Pirchner.

Derzeitige Situation im Bereich Extremismus.

Die aktuelle Extremismus-Situation zeige die Notwendigkeit der Reform, betonte Karner. Während in der Zeit der Pandemie viele „klassische Delikte“, beispielsweise Diebstähle, zurückgegangen sind, zeige sich in den vergangenen Jahren ein Anstieg von extremistischen Delikten. Dazu würden Straftaten durch Identitäre, Staatsverweigerer und Reichsbürger, aber auch antisemitische Straftaten, wie das Tragen von Judensternen mit der Aufschrift „ungeimpft“ bei Demonstrationen, zählen. Im Jahr 2022 wurden aufgrund von Extremismus mehr als 660 Personen angezeigt, mehr als 100 Hausdurchsuchungen durchgeführt und 37 Festnahmen vollzogen.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2023

Druckversion des Artikels (PDF 161 kB)