Internationales Katastrophenmanagement

Suche, Hilfe, Rettung

Österreich unterstützte in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten in der Türkei und Syrien mit Einsatzkräften und Hilfsgütern. Die internationale Katastrophenhilfe wurde vom Krisenmanagement im Bundesministerium für Inneres organisiert.

Das Krisenmanagement im Bundesministerium für Inneres (BMI) wurde mit der Geschäftseinteilung im Juli 2022 in eine neue Struktur überführt, die ihre Funktions- und Reaktionsfähigkeit beim schwersten Erdbeben in der Geschichte der Türkei und Syrien im Februar 2023 unter Beweis stellen konnte. In den frühen Morgenstunden des 6. Februar 2023 ereignete sich im Grenzgebiet der Türkei zu Syrien, in der Provinz Gaziantep in der Tiefe von etwa 24 Kilometer ein Erdbeben der Stärke 7,8 auf der Momenten-Magnituden-Skala, gefolgt von schweren Nachbeben. Mit Stand 17. März 2023 forderte das Beben in der Türkei und Syrien über 54.000 Todesopfer und verursachte ca. 3,2 Millionen vertriebene Menschen, die alles verloren haben. Ganze Stadtteile sowie grundlegende Infrastruktur wie Wasser- und Abwasserversorgung wurden zerstört.

Hilfsersuchen.

Das schwere Erdbeben richtete massive Zerstörungen in Syrien und der Türkei an
Das schwere Erdbeben richtete massive Zerstörungen in
Syrien und der Türkei an © Saruv

Die türkischen Behörden richteten ein Hilfsersuchen an den Katastrophenschutzmechanismus der EU (UCPM), was auch Österreich erreichte. Zuständige Stelle ist das Lagezentrum in der Abteilung II/ORK/10 (Krisenmanagement, Lageinformation und Leitstellenangelegenheiten) im Bundesministerium für Inneres (BMI). Die türkischen Behörden ersuchten um Entsendung von Such- und Rettungsteams für die Suche und Rettung in Städten (sogenannte Medium Urban Search and Rescue – MUSAR-Teams und Heavy Urban ­Search and Rescue – HUSAR-Teams) sowie medizinische Notfallteams.

Das Krisenmanagement im BMI entsandte die SARUV (Search and Rescue Unit Vorarlberg) – ein mittelschweres Such- und Rettungsteam beschickt aus drei Organisationen (Feuerwehr, Hundeführer der Bergrettung und Notärzte des Roten Kreuzes). Das Team flog in den Morgenstunden des 7. Februars in das Katastrophengebiet. Der SARUV schlossen sich Einsatzkräfte des Such- und Rettungsteams des Arbeiter-Samariter-Bunds Österreich (ASBÖ) an, insgesamt 32 Personen inklusive Hundeführer, 5 Suchhunde, 2 Notärzte und 2 Notfallsanitäter. Auch der Einsatz des schweren Such- und Rettungsteams der Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) des Bundesheers wurde über das Referat II/ORK/10/b (Krisensicherheit, Katastrophenhilfe und Bevölkerungsschutz) im BMI koordiniert. Die AFDRU war mit 80 Personen inklusiven Suchhunden vertreten und trat am 7. Februar die Reise in den Einsatzraum an.

Leben gerettet, Hilfsgüter geliefert.

Das Einsatzgebiet der SARUV- und der ASBÖ-Mitglieder befand sich in Kahramanmaras. 4 Menschen konnten dank ihrer Hilfe gerettet werden. Die Teams beendeten ihren Einsatz und kehrten am 14. Februar nach Österreich zurück, wobei sie einen Teil der Ausrüstung den lokalen Behörden überließen. Die AFDRU wurde in Antakya eingesetzt, ihre Mitglieder konnten 9 Menschen lebend retten; sie beendeten ihren Einsatz am 16. Februar. Vom BMI wurden 1.200 Feldbetten, 1.000 Decken. 1.000 Wolldecken, 100 winterfeste Zelte, 200 Heizgeräte und 1.000 Hygienepakete in das türkische Katastrophengebiet geliefert. Auch das Copernicus-Satelliten-System der EU wurde zur Unterstützung der Schadensanalyse aktiviert; dessen Team erstellte in kurzer Zeit mehr als 15 Lagekarten. Im Laufe der Zeit wurden weitere Hilfsgüter geliefert, wie Wohncontainer und Sanitär- und Duschcontainer. Auch Syrien erhielt über den europäischen Zivilschutzmechanismus Hilfsgüter aus Österreich geliefert. Die Transportkosten wurden von der EU kofinanziert. Aus dem Auslandskatastrophenfonds des Außenministeriums wurden 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Weitere Hilfslieferungen und Unterstützungen erfolgten durch Ministerien und österreichische Unternehmen.

Zuständig für die Organisation und Abwicklung von Hilfsersuchen sowie die Entsendung von Hilfsteams und Versendung von Hilfsgütern sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Referates II/ORK/10/b (Krisensicherheit, Katastrophenhilfe und Bevölkerungsschutz). Durch die Geschäftseinteilungsänderung wurde im Juli 2022 die Abteilung II/ORK/10 (Krisenmanagement, Lageinformation und Leitstellenangelegenheiten) geschaffen und das Krisenmanagement im BMI neu organisiert. Die klassische Unterteilung der vorherigen Abteilung II/13 in Nationales und Internationales sowie die Aufgaben der Zivilschutzschule wurde neu strukturiert. Es wurden die bestehenden nationalen und internationalen Agenden mit der SKKM-Ausbildung im Referat b der II/ORK/10 zusammengeführt.
Die Ausbildung der gefahrenstoffkundigen Organe und „Strahlenspürer“ wurde in die DSE überführt. Das vormalige Einsatz- und Koordinationscenter (EKC) befindet sich nun im Lagezentrum BMI im Referat a der II/ORK mit erweiterten Aufgabenstellungen wieder und das Referat c ergänzt mittels des Notruf- und Leitstellenkompetenzzentrum – entstanden aus Teilbereichen des Referat II/14/c – das Aufgabenspektrum des Krisenmanagements.
Das SKKM ist weiterhin für das staatliche Krisen- und Katastrophenmanagement zuständig. Das Referat b ist für nationale und internationale Angelegenheiten des Bevölkerungsschutzes und der Katastrophenhilfe zuständig sowie Krisensicherheit, sofern die Kompetenzen anderer Ministerien oder Länder nicht betroffen sind. Im Lagezentrum (Referat a) befindet sich der 24/7 besetzte Permanenzdienst und agiert als nationale und internationale Kontaktstelle, unter anderem in sicherheitspolizeilichen und fremdenrechtlichen Angelegenheiten. Und es trägt die Verantwortung für die Stabsarbeit und das Call-Center und stellt sicher, dass es jederzeit aktuelle Lageinformationen für diverse Bereiche gibt.
Das Referat c, das unter anderem die Grundsatzangelegenheiten betreffend polizeilicher Leitstellen und Angelegenheiten sämtlicher Notrufkanäle zu ihnen betreut. Das Einsatz-Leit- und Kommunikations-System (ELKOS) ist mit den Leitlinien, Grundsätzen und der Koordination der dienstbetrieblichen und organisatorischen Angelegenheiten ein wichtiger Aufgabenbereich.
„Mit der Geschäftseinteilungsänderung ist es gelungen, drei Bereiche, die zuvor getrennt waren, aber zusammen gehören, auch zusammen zu bringen und somit das gesamtheitliche Krisen­management abgestimmt weiterzuentwickeln“, sagt Wolfgang Nicham, BA MA, Leiter der Abteilung II/ORK/ 10. „Die schnelle Reaktion und breite Unterstützung nach dem Türkeibeben hat gezeigt, dass es gelungen ist, bestehende Systeme und Abläufe erfolgreich in eine neue Struktur zu überführen.“

Nieves Kautny


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2023

Druckversion des Artikels (PDF 328 kB)