Zeitgeschichte

175 Jahre Innenministerium

Auf Initiative der historischen Abteilung des Innenministeriums fand am 23. März 2023 in Wien ein Festakt zum 175. Geburtstag des Innenressorts statt.

Festakt „175 Jahre Innenministerium“: Innenminister Gerhard Karner (Mitte) mit fünf seiner Vorgänger: Wolfgang Peschorn, Karl Schlögl, Eckart Ratz, Ernst Strasser, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Günther Platter
Festakt „175 Jahre Innenministerium“: Innenminister Gerhard Karner (Mitte) mit fünf seiner Vorgänger: Wolfgang Peschorn, Karl Schlögl, Eckart Ratz, Ernst Strasser, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Günther Platter © Jürgen Markowecz
Helmut Wohnout (Staatsarchiv): Einblick in die Geschichte des Innenministeriums
Helmut Wohnout (Staatsarchiv): Einblick in die Geschichte
des Innenministeriums © Jürgen Markowecz

Im März 2023 jährte sich zum 175. Mal die Ernennung von Franz von Pillersdorf im Jahr 1848 zum ersten Innenminister und somit der Startschuss für „175 Jahre Innenministerium“ in Österreich. Dieser Anlass wurde in festlichem Rahmen begangen. Neben Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Gesellschaft, Medien und Verwaltung leisteten auch sechs besondere Gäste der Einladung von Bundesminister Gerhard Karner an diesem Tag folge: Mit Karl Schlögl, Ernst Strasser, Günther Platter, Wolfgang Sobotka, Eckart Ratz und Wolfgang Peschorn waren sechs ehemalige Innenminister bei diesem Festakt anwesend und unterstrichen mit ihrer Anwesenheit ihre langjährige Verbundenheit mit dem Ressort. Das wurde auch vom „Hausherrn“ Bundesminister Gerhard Karner in seiner Eröffnungsrede betont: „Das Innenministerium ist eine ganz besondere Institution. Das sieht man an der Vielfältigkeit der Menschen, die im Innenministerium tätig waren und sind, an der Vielfältigkeit der Geschichte, die dieses Haus durchlebt hat, und an der Vielfältigkeit der Aufgaben dieses Hauses. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewältigen Aufgaben von A wie Asyl über G wie Gedenken bis Z wie Zentrales Melderegister.“
Ein Blick in die 175-jährige Geschichte des Ministeriums zeige auch, dass sich das Ressort stetig weiterentwickeln musste und muss, um den jeweils aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums kommt dabei eine besondere Verantwortung zu, wie Präsidialchef Karl Hutter in seiner Ansprache hervorhob: „Wir ermöglichen und bewahren Menschenrechte aller Menschen in Österreich, wir wehren Gefahren ab und wir bewahren den sozialen Frieden und Wohlstand in unserem Land – im Bewusstsein, dass im Namen der inneren Sicherheit schreckliche Gräueltaten in der Vergangenheit begangen wurden.“ Einen Blick von der Geschichte ausgehend in die Zukunft warfen auch die beiden Festredner Helmut Wohnout vom Staatsarchiv und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in ihren Ansprachen. Die Sicherstellung von Freiheit und Sicherheit auf Basis des Rechtsstaats werde die Kernaufgabe des Innenministeriums bleiben. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt von der Polizeimusik Wien.

Böhmische Hofkanzlei am Judenplatz als erster Sitz des Innenministeriums; heutiger Sitz Palais Modena in der Herrengasse
Böhmische Hofkanzlei am Judenplatz als erster Sitz des Innenministeriums; heutiger Sitz Palais Modena in der Herrengasse © Gerd Pachauer

Sonderausstellung.

Im Anschluss an den Festakt wurden die Gäste zu einem Empfang gebeten, in dessen Rahmen auch die von der historischen Abteilung gestaltete Sonderausstellung „175 Jahre Innenministerium“ erstmals präsentiert wurde. Neben historischen Gründungsdokumenten des Innenministeriums aus dem Jahr 1848 wird dort auch die Entstehung der Gendarmerie im darauffolgenden Jahr unter anderem mit historischen Uniformen und Gegenständen anschaulich dargestellt. „Unser Ministerium hat in den 175 Jahren seines Bestehens viele Höhen und Tiefen durchlebt. Gerade dadurch wird unser heutiges Selbstverständnis als Hüter der Grund- und Freiheitsrechte geprägt“, sagte Stephan Mlczoch, Leiter der historischen Abteilung des Innenministeriums.
Die Sonderausstellung „175 Jahre Innenministerium“ steht bis zum Sommer im Foyer des Amtsgebäudes Minoritenplatz allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums offen.

Historischer Gründungsabriss.

Ausstellung „175 Jahre Innenministerium“ bis Sommer 2023
Ausstellung „175 Jahre Innenministerium“
bis Sommer 2023 © Alexander Tuma

Das Revolutionsjahr 1848 bedeutete in vielerlei Hinsicht einen wichtigen Einschnitt in der österreichischen Geschichte. Die durch die Pariser Februarrevolution 1848 ausgelösten Ereignisse, die ab März 1848 die Monarchie erschütterten, brachten eine Ablösung des von den Revolutionären verhassten, „vormärzlichen“ Regierungssystems, das vor allem durch Bevormundung und Zensur sowie durch Hintanhaltung jeglicher demokratischen Regelungen gekennzeichnet war. Die Pressefreiheit wurde „in derselben Art und Weise gewährt, wie in allen Staaten, wo sie besteht“ und der „alte“ Regierungsapparat, die Staatskonferenz, in der Erzherzog Ludwig (jüngster Bruder von Kaiser Franz) die Regentschaft führte, wurde aufgelöst.
Eine Woche nach dem Sturz Metternichs (1773-1859) etablierte Kaiser Ferdinand I. am 20. März 1848 das k. k. Ministerium des Innern. Als erster Ressortchef wurde Franz von Pillersdorf (1786–1862) ernannt. Die Minister wurden vom Kaiser ohne Mitwirkung parlamentarischer Gremien ernannt und enthoben. Auf Franz von Pillersdorf folgte ab 21. November 1848 Franz Graf Stadion (1806–1853) als Innenminister. Er war in seiner Amtszeit federführend an der Ausarbeitung der Märzverfassung und des Gemeindegesetzes von 1849 beteiligt. Am 28. Juli 1849 musste Graf Stadion das Innenministerium an Alexander Freiherr von Bach (1813–1893) abtreten. Unter Minister Bach erfolgte unter anderem die Errichtung der Gendarmerie. In einem Vortrag am 3. Juni 1849 unterbreitete er Kaiser Franz Joseph in einer Ministerratssitzung die Gründung einer Landessicherheitswache (Gendarmerie). Das Gründungsdokument, eine kaiserliche Entschließung, wurde von Franz Joseph am 8. Juni 1849 unterzeichnet.

Schwächung.

Doch bereits 1852 wurde das k. k. Ministerium des Inneren institutionell geschwächt und parallel eine dem Kaiser direkt unterstellte eigene Polizeibehörde etabliert. Diese Phase der neoabsolutistischen Herrschaft des Kaisers wurde erst mit dem „Ausgleich“ Österreich-Ungarns und der Verkündung der Dezemberverfassung von 1867 beendet. In diesem Kontext ist die erneute Schaffung eines Ministeriums für öffentliche Sicherheit zu sehen, das bis 1870 auch die Agenden der Landesverteidigung verantwortete. Ab diesem Jahr gingen die Aufgaben der Wahrung der öffentlichen Sicherheit wieder in das Ministerium des Inneren mit Sitz im Palais Modena über, das bis zum Ende der Monarchie bestand.

S. M.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 5-6/2023

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