BMI-Spitzensportler

Durchstarten im Polizeidienst

Sie gewannen Medaillen, sorgten für Gänsehaut und ließen uns bei Stürzen und Unfällen den Atem anhalten. Nachdem sie ihren sportlichen Ruhestand angetreten haben, starten sie im Polizeidienst durch.

Andreas Kofler, Skirspung-Weltmeister und Olympiasieger mit der Mannschaft, arbeitet als Flightoperator in der Flugeinsatz stelle Innsbruck; Matthias Taborsky, Europameister und österreichischer Meister im Indoor-Rudern, arbeitet als Polizist in Wien
Andreas Kofler, Skirspung-Weltmeister und Olympiasieger mit der Mannschaft, arbeitet als Flightoperator in der Flugeinsatz stelle Innsbruck; Matthias Taborsky, Europameister und österreichischer Meister im Indoor-Rudern, arbeitet als Polizist in Wien © Ralf Lorbeg, Gerd Pachauer

Für Sportlerinnen und Sportler ist die soziale Absicherung nach dem sportlichen Karriereende wichtig, weshalb sie sich für den Spitzensportkader des Bundesministeriums für Inneres (BMI) entscheiden. „Wir können unseren Athletinnen und Athleten nach Abschluss ihrer Karriere vielfältige berufliche Perspektiven bieten. Einige von ihnen sind begeistert, ihren Dienst in Polizeiinspektionen anzutreten. Andere freuen sich auf fachspezifische Ausbildungen innerhalb des Innenressorts, um so ihre Ziele zu erreichen und sich beruflich weiterzuentwickeln“, sagt Innenminister Gerhard Karner.
Derzeit befinden sich 73 Sportlerinnen und Sportler im Polizeispitzensportkader. Im Polizeispitzensportkader wird auf Diversität gesetzt: Man ist bemüht, ein breites Spektrum an Sportarten abzudecken. Man findet etwa zwanzig Sportarten im Spitzensportkader der Polizei, wobei die Mehrheit der Sportlerinnen und Sportler im Wintersportbereich (Ski Alpin, Skispringen, Snowboard Alpin, Ski Cross, Snowboard Cross, Rodeln, etc.) aktiv ist. Im Fokus der Förderung liegt der Nachwuchs und der Behindertensport. Ebenso versucht man in der Sportabteilung des BMI, Einzelsportarten, die Teil der olympischen Spiele sind und Bezug zur Exekutive haben, wie Karate, Kickboxen (nicht olympisch) oder Ski Alpin, besonders zu unterstützen.

Der Polizeispitzensport hat im Bundesministerium für Inneres Tradition. Mit Peter Wirnsberger als erstem Spitzensportler wurde 1978 der Grundstein für ein professionelles Fördersystem gelegt. Fast 40 Jahre später wurde das System neu gestaltet mit einer neuen Ausrichtung der Ausbildung in einer fünfjährigen Modulform. Das war auch der Startschuss für die Abteilung für Sportangelegenheiten im BMI.

Das Prozedere.

Derzeit gibt es 80 Spitzensport-Planstellen, wovon 73 besetzt sind. Von einer Spitzensportkommission werden alle eingelangten Bewerbungen überprüft und potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten zur polizeilichen Aufnahmeprüfung eingeladen. Ist das Prozedere erfolgreich absolviert, wird mit einer fünfjährigen Modul-Ausbildung im Bildungszentrum Graz der Sicherheitsakademie begonnen. Dies unterscheidet sich von der regulären Polizei-Grundausbildung, da mit einer gestreckten Ausbildungsspanne besser auf die sportlichen Trainingseinheiten und Vorbereitungen auf Wettkämpfe eingegangen werden und den Athletinnen und Athleten Flexibilität eingeräumt werden kann.
Nach Abschluss der Polizeigrundausbildung werden sie einer Landespolizeidirektion zugewiesen und durch Fördermaßnahmen dabei unterstützt, den Polizeiberuf mit der Ausübung ihres Spitzensportes auf höchstem Niveau zu kombinieren. Nach dem sportlichen Ruhestand beginnt ein neuer Lebensabschnitt für die Athletinnen und Athleten; sie bleiben nach ihrer sportlichen Karriere fast ausschließlich der Polizei erhalten. Alle, die den Spitzen­sport beenden und ihren Beruf fortan bei der Polizei ausüben, werden eingeladen, dem Alumni-Club beizutreten. Derzeit werden 30 Alumnis geführt.

Erstes Alumnitreffen im BMI: Innenminister Gerhard Karner empfing ehemalige Spitzensportlerinnen und -sportler
Erstes Alumnitreffen im BMI: Innenminister Gerhard Karner empfing ehemalige Spitzensportlerinnen und -sportler © Jürgen Makowecz

Der Alumni-Club.

Um ehemalige Sportlerinnen und Sportler beim Einstieg in den Polizeiberuf zu unterstützen, wurde im März 2020 der Alumni-Club des BMI – wegen der damals geltenden Covid-19-Bestimmungen verzögert – vom ehemaligen Innenminister Karl Nehammer ins Leben gerufen. Die Idee stammt von Gruppenleiter Günther Marek, der den Wunsch hatte, eine Plattform nach universitärem Vorbild für ehemalige Polizeisportlerinnen und Polizeisportler zu erschaffen, die Hilfestellung in vielfältigen Belangen bietet. Der Club bietet Spitzensportlerinnen und -sportlern die Möglichkeit, sich zu vernetzen und Erfahrungen untereinander auszutauschen und nach Beendigung der sportlichen Karriere den Bezug zum Sport nicht zu verlieren.

Mentorinnen und Mentoren.

Ehemalige Skirennläufer: Fritz Strobl veranstaltet Work shops für Führungskräfte des BMI, Reinfried Herbst ist Spitzensportkoordinator des BMI
Ehemalige Skirennläufer: Fritz Strobl
veranstaltet Work shops für
Führungskräfte des BMI, Reinfried
Herbst ist Spitzensportkoordinator des
BMI © Jürgen Makowecz

Leiter des Alumni-Clubs ist der ehemalige Skispringer und Weltcupsieger Andreas Kofler. Am Herzen liegt ihm das Mentoring-Programm des Clubs: In jedem Bundesland soll es eine Mentorin oder einen Mentor geben, die oder der als erste Anlaufstelle für die Athletinnen und Athleten ist. Sie oder er soll beim Einstieg in den Polizeiberuf aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen unterstützen und bei Fragen zu internen Abläufen und Ähnlichem weiterhelfen. Im engen Kontakt mit der Abteilung für Sportangelegenheiten im BMI bilden sie eine Brücke zwischen den Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern und den Zuständigen der Sportabteilung.
Ex-Sportlerinnen und Ex-Sportler wie Susanne Moll (Snowboard), Christina Hengster (Bob), Mirnesa und Mirneta Becirovic (Jiu-Jitsu-Duo) oder Julian Eberhard (Biathlon) besetzen diese Mentoring-Stellen. Man ist derzeit bemüht, das Mentoring-Programm auf bundesweiter Ebene auszubauen und weitere der neun Stellen zu besetzen.
„Wir stehen mit unserem Alumni-Club noch am Anfang, jetzt ist es unser Ziel: Mentoren finden – Strukturen schaffen, um dann langfristig gesehen Alumni-Club-Treffen regelmäßig zu veranstalten“, sagt Andreas Kofler. Neben seiner Tätigkeit als Leiter des Alumni-Clubs verrichtet Andreas Kofler Dienst seit 2019 bei der Flugpolizei in Tirol. Als Flight-Operator ist er für Fahndungs- und Sucheinsätze zuständig und unterstützt mit der Bedienung der Wärmebildkameras. Er hilft auf der Flugeinsatzstelle bei administrativen Tätigkeiten aus. Doch es zieht ihn auch weiterhin in gewagte Höhen: Als Aerostatpilot-Operator ist er für den Einsatz von Heliumballonen, die bei Großveranstaltungen zur Überwachung des Geländes zum Einsatz kommen, verantwortlich. „Jeder Tag ist unterschiedlich und bietet neue Herausforderungen, das schätze ich an meinem Arbeitsplatz besonders“, sagt Kofler.
Doch Kofler ist nicht der einzige ruhmreiche Name, wenn es um den Polizeispitzensport geht. Neben ihm stehen auch die ehemaligen Ski-Rennläufer Reinfried Herbst (Riesen-/Slalom), der als Spitzensportkoordinator und als Ansprechstelle für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler fungiert, sowie Fritz Strobl (Abfahrt, Super-G), der vor allem für das Veranstalten von Work­shops für Führungskräfte des BMI zu Themen wie Mentaltraining und Führungskompetenzen im Dienste des Innenministeriums tätig ist.

Die Alumnis.

Die Mitglieder des Alumni-Clubs sind bereits in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis für den Exekutivdienst übernommen sowie einer Landespolizeidirektion zugewiesen worden und verrichten nun ihren Dienst in einer Polizeiinspektion oder in diversen Dienststellen in der Zentralstelle. Innerhalb der Landespolizeidirektionen gibt es zahlreiche Tätigkeitsfelder, die sie anstreben können: Vom Kriminaldienst, Wasserpolizei, Hundestaffel, Verfassungsschutz bis hin zur Alpinen Einsatzgruppe sind viele Spezialisierungen möglich. Einige herausragende Beispiele für erfolgreiche Karrieren der Alumnis sind neben dem Leiter des Alumni-Clubs, Andreas Kofler, die ehemalige Bob-Fahrerin Christina Baumann-Hengster. Sie ist stellvertretende Leiterin der Personalabteilung in der Landespolizeidirektion Vorarlberg. Harald Winkler, ehemaliger Bobfahrer und Olympiasieger, ist stellvertretender Leiter im Ermittlungsbereich Leib/Leben des Landeskriminalamts Steiermark.

Grundausbildung der Spitzensportlerinnen und -sportler: Die meisten bleiben nach ihrer sportlichen Karriere der Polizei erhalten.
Grundausbildung der Spitzensportlerinnen und -sportler: Die meisten bleiben nach ihrer sportlichen Karriere der Polizei erhalten. © GEPA Pictures/Jasmin Walter

Vom Ruderboot zum Objektschutz.

Eines der neuen Alumni-Club-Mitglieder ist Matthias Taborsky. Der ehemalige Ruderer kann stolz auf viele Meilensteine in seiner sportlichen Karriere zurückblicken: Seine größten Erfolge sind der Europameistertitel im Indoor-Rudern 2017 in Amsterdam und 2018 der österreichische Meistertitel im Indoor-Rudern in der Klasse Leichtgewicht, ehe er im Jänner 2021 seinen Rückzug aus dem Leistungssport bekanntgab. Mit der Beendigung seiner sportlichen Karriere und vierjähriger Mitgliedschaft im Spitzensportteam des BMI wurde er nun als Polizist in den Alumni-Club des BMI aufgenommen. Seit Oktober 2021 übernimmt er zusätzlich das Mentoring-Programm für die LPD Wien. Momentan befindet sich Matthias Taborsky beim Objektschutz in Wien (Einheit Objektschutz – EOS).
Matthias Taborsky ist derzeit der Polizeiinspektion Rudolf-Nurejew-Promenade in Kaisermühlen dienstzugeteilt und noch bis September dieses Jahres der Einheit für Objektschutz in Wien angehörig. Derzeit ist er vor dem Parlament stationiert. „Als ehemaliger Spitzensportler war es anfangs eine enorme Umstellung im Alltag. Jedoch gewöhnt man sich überraschend schnell an die neue Atmosphäre und Herausforderungen, die der Polizeiberuf mit sich bringt.“ Als Polizist kann er einige Parallelen zum Spitzensport ziehen: „Da wie auch dort muss man, um maximalen Erfolg erzielen zu können, sich gut im Team integrieren und mit diesem zusammenarbeiten können und sehr zielstrebig, professionell, sowie ruhig, genau und durchsetzungsfähig vorgehen.“ Am meisten Spaß mache ihm die Abwechslung, die der Polizeiberuf mit sich bringe. Eine der größten Herausforderung sei der Schichtdienst mit den Nachtdiensten gewesen, da es bei Sportlerinnen und Sportlern oberste Priorität hat, viel und ausreichend Schlaf zu bekommen. „Doch auch daran gewöhnt man sich schnell.“

Erfolge teilen.

Teil des Alumni-Clubs zu sein, bedeutet Taborsky sehr viel, da man selbst nach Beendigung der Spitzensportkarriere ein Teil eines großen Teams ist. „Es ist für mich ein Privileg, die neuen Spitzensportlerinnen und Spitzensportler kennenlernen zu dürfen und an ihren Erfolgen als Teil des Teams teilzuhaben.“ Umgekehrt sei es für die neuen Mitglieder ein großer Vorteil, sich mit dienstlichen Fragen an Polizistinnen und Polizisten im Außendienst wenden zu können, um einen guten Einblick in den Berufsalltag zu bekommen. „Als Mentorinnen und Mentoren stehen wir für Fragen im Zusammenhang mit dem Polizeispitzensport zur Verfügung und können uns als ehemalige Spitzensportlerinnen und -sportler gut in die Lage der aktiven Athletinnen und Athleten versetzten. Dabei stehen wir auch als Vermittler zur Verfügung und nehmen uns Zeit für etwaige Probleme und Anliegen“, sagt Matthias Taborsky. Der Ex-Ruderer plant eine berufliche Weiterentwicklung: Sein Traum ist es, in die WEGA aufgenommen zu werden.

Das erste Treffen.

Im Mai 2023 fand das erste Alumni-Treffen im Festsaal des Innenministeriums statt. 14 der 30 ehemaligen Sportlerinnen und Sportler nahmen am Treffen teil, wo sie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sportabteilung und Gruppenleiter Günther Marek empfangen wurden. Fortgesetzt wurde mit einer Präsentation über die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Clubs. Hierbei wurden Themen wie künftige Veranstaltungen oder die Nominierung von Ansprechpersonen in den Landespolizeidirektionen besprochen. Anschließend gab es eine Einladung von Innenminister Karner in sein Büro inklusive einer kurzen Vorstellrunde der Alumnis. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge gab die Spitzensportlerin Caroline Pilhatsch dabei ihren Rücktritt aus der Sportwelt bekannt. Die Schwimmerin wurde im sportlichen Kreis verabschiedet und feierlich als neues Mitglied des Alumni-Clubs des Innenministeriums aufgenommen.

Sophie Stummer


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2023

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