100 Jahre Interpol (2)

Die IKPK von 1923 bis 1945

Der nach Monaco zweite internationale Polizeikongress im September 1923 in Wien war ein Meilenstein in der grenzüberschreitenden Polizeikooperation. Am Schlusstag der Konferenz gründeten die Delegierten die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission (IKPK), die spätere Interpol.

Wiens Polizeipräsident Johann Schober (2.v.r.) mit Delegierten beim Gründungskongress der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission (IKPO) im September 1923 in Wien
Wiens Polizeipräsident Johann Schober (2.v.r.) mit
Delegierten beim Gründungskongress der Internationalen
Kriminalpolizeilichen Kommission (IKPO) im September
1923 in Wien © Interpol

Beim internationalen Polizeikongress in Monaco im April 1914 beschlossen die Delegierten die Einrichtung einer Kommission und die Abhaltung eines Folgekongresses im August 1916 in Bukarest. Dazu kam es aber nicht mehr. Einige Monate nach dem Monaco-Kongress brach der Erste Weltkrieg aus und die Bemühungen für eine dauerhafte Organisation der internationalen Polizeizusammenarbeit kamen zum Erliegen.
In den Wirren nach dem Ersten Weltkrieg setzten neue Formen der grenzüberschreitenden Kriminalität ein. Die Straftäter waren mobiler und international besser vernetzt als die Strafverfolgungsbehörden. Zwei internationale Polizeitagungen 1922 und 1923 in New York blieben ohne nachhaltige Ergebnisse.
Wiens Polizeipräsident Johann Schober erkannte die Notwendigkeit einer verstärkten und institutionalisierten länderübergreifenden Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden.
Johann Schober, geboren am 14. November 1874 in Perg in Oberösterreich, trat 1898 als Jurist in die Wiener Polizeidirektion ein, wo er ab 1908 im Präsidium tätig war. 1909 wechselte er in das Ministerium des Innern und ab 1913 leitete er die Staatspolizei der Polizeidirektion Wien. Am 25. Juni 1918 wurde er von Kaiser Karl I. als Leiter der Polizeidirektion Wien eingesetzt. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie bestätigte das Staatsratsdirektorium von Deutschösterreich Schober als Chef der Wiener Polizei. Drei Tage später wurde er zusätzlich zum Leiter des öffentlichen Sicherheitswesens in Deutschösterreich bestellt und damit zum obersten Kommandanten der Polizei und Gendarmerie. Im September 1921 wurde Schober als Funktionär der Deutschnationalen Kanzler und Außenminister in einer Beamtenregierung. Im Mai 1922 trat er zurück, wurde 1929/30 wieder Bundeskanzler und war danach bis 1932 Vizekanzler. In diesen Funktionen leitete er vorübergehend auch andere Ressorts. Geehrt mit drei Ehrendoktortiteln starb Hofrat Johann Schober am 19. August 1932 in Baden.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts genoss Wiens Polizei dank Schober Weltruf. Die „Wiener Schule der Kriminalistik“ war Vorbild für viele Verbrechensbekämpfungsorganisationen in anderen Ländern. Der Polizeipräsident sorgte für die Aufrüstung und Weiterentwicklung der Polizei auf vielen Gebieten und trat für die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit ein. Deshalb lud Schober zum – nach Monaco – zweiten internationalen Polizeikongress vom 3. bis 7. September 1923 in Wien ein. 138 Delegierte aus Ägypten, Dänemark, Deutschland, Fiume (Rijeka und die umliegende Region waren von 1920 bis 1924 ein Freistaat), Frankreich, Griechenland, Holland, Italien, Japan, Jugoslawien, Lettland, Polen, Rumänien, Schweden, der Schweiz, Tschechoslowakei und Türkei, Ungarn und den USA kamen zu diesem Meeting im Großen Sitzungssaal der Polizeidirektion Wien am Schottenring.
Die meisten Teilnehmer waren naturgemäß Österreicher. Delegierte aus allen Bundesländern außer Vorarlberg kamen zum Kongress; davon 40 aus Wien, neben Führungskräften der Polizei und Sicherheitsverwaltung auch Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Landesbeamte und Politiker. Der Kongress wurde am 3. September 1923 in Anwesenheit des Bundeskanzlers Dr. Ignaz Seipel eröffnet. Schwerpunkte der fünftägigen Veranstaltung waren die Bereiche zwischenstaatliche Amtshilfe der Sicherheitsbehörden, die Bekämpfung des internationalen Verbrechertums, die Auslieferung und Abschiebung von Kriminellen und die Einführung einer internationalen Verkehrssprache für die Polizei. Ferner gab es kriminalwissenschaftliche Vorträge zu Themen wie die internationale Polizeizusammenarbeit, die Einrichtung eines internationalen Polizeibüros, die Tätigkeit von Polizeiattachés in den Gesandtschaften sowie die Bekämpfung des Alkoholismus, Morphinismus und Kokainismus.

Gründung der IKPK.

Am Schlusstag der Wiener Konferenz wurde die permanente Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission in Wien – IKPK (Commission Internationale de Police Criminelle) gegründet. Der 7. September 1923 ist somit der Gründungstag der nach dem Zweiten Weltkrieg als „Interpol“ bezeichneten Organisation.
Hauptzweck der IKPK war laut § 1 der Geschäftsordnung „die Verbürgung und Ausgestaltung gegenseitiger weitestgehender Amtshilfe aller Sicherheitsbehörden im Rahmen der in den einzelnen Staaten bestehenden Gesetze“ (§ 1a) sowie „die Sorge für die Schaffung und Ausgestaltung aller Einrichtungen, welche geeignet sind, den Kampf gegen das gemeine Verbrechertum erfolgreich zu gestalten“ (§ 1b). In der Geschäftsordnung wurden bereits zwei fundamentale Prinzipien verankert, die noch heute gültig sind – der Vorbehalt des nationalen Rechts und die Beschränkung der Zusammenarbeit auf Delikte des Strafrechts. Als IKPK-Einrichtungen wurden festgelegt: „Internationale Zentralstelle zur Bekämpfung der Geldzeichen-, Scheck- und Wertpapierfälschungen“, „Internationale Kriminalpolizei“, „Internationalen-Evidenz“ (Nachrichtendienst über internationale Straftäter), „Internationale Aussendung von Fingerabdrücken und Lichtbildern internationaler Verbrecher“ und „Internationale Zentralstelle zu Bekämpfung der Passfälschungen“.
Jedes Land konnte mindestens einen Vertreter in die IKPK entsenden. Österreich war mit fünf Gründungsmitgliedern vertreten: Polizeipräsident Johann Schober, Hofrat Dr. Oskar Dressler, Generalstaatsanwalt Dr. Erwein Höpler, Wiens Polizeivizepräsident Dr. Ignaz Pamer und Hofrat Dr. Bruno Schultz, der 1932 kurz vor seiner Pensionierung Polizeivizepräsident in Wien wurde.
Für den internationalen telegrafischen Verkehr der Polizeibehörden sollte ein internationaler Code eingeführt werden. Grundsätzlich konnte im internationalen Austausch jede Sprache verwendet werden; der Kongress ersuchte aber die Mitglieder, wenn möglich nur in Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch zu korrespondieren. Angedacht war, die Kunstsprache Esperanto als internationale Verkehrssprache der Polizei einzuführen.

Teilnehmer der IKPK-Generalversammlung 1927 in Amsterdam
Teilnehmer der IKPK-Generalversammlung 1927 in
Amsterdam © Interpol

Sitz der IKPK war Wien und in der Polizeidirektion Wien wurde ein „Internationales Büro“ eingerichtet. Johann Schober wurde Präsident und Oskar Dressler Sekretär der neuen Organisation. Außerdem wählte die Kommission sechs Vizepräsidenten. Schober bezeichnete die Gründung der IKPO als eine „Kulturtat in der Geschichte der Menschheit“.
Polizeijurist Bruno Schultz schlug vor, ein internationales Polizeifunknetz einzurichten. 1927 wurde auf der „Conférence radiotélégraphique internationale“ in Washington die Reservierung eines Wellenbands für den internationalen Polizeifunk veranlasst. Am 11. Februar 1929 tagte in Wien ein Polizeifunkausschuss, um über Fragen des Funknetzes zu beraten. Die Funkstelle in Berlin wurde als internationale Polizeifunkstelle in Aussicht genommen. Die österreichische Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung schlug vor, dass die interessierten Staaten bestimmte Kurzwellen gemeinsam anmelden sollten. Die europäische radioelektrische Konferenz in Prag vom 9. bis 13. April 1929 und die Tagung des Comité consultatif international radio-télégraphique in Haag vom 18. September bis 2. Oktober 1929 brachten den Durchbruch. Am 15. November 1929 konnte der internationale Polizeifunkverkehr zwischen Österreich, dem Deutschen Reich, Polen und der Tschechoslowakischen Republik aufgenommen werden. 1930 schloss sich Ungarn dem internationalen Polizeifunkdienst an, danach Rumänien (1931), Belgien (1932), Frankreich (1934) und die Schweiz (1937).
1923 begannen die Arbeiten an einer Dokumentation über Geldfälscher und die IKPK gab regelmäßig die Publikation „Contrefacons et Falsification“ in vier Sprachen heraus. Beschrieben wurden gefälschte Banknoten und Münzen sowie für Vergleichszwecke echte Zahlungsmittel und Reiseschecks. Die Publikation richtete sich an Bankinstitute und Fachdienststellen der Strafverfolgungsbehörden.
Die IKPK hatte Beobachterstatus bei der Abfassung des Abkommens zur Bekämpfung der Falschmünzerei durch den Völkerbund, des Vorläufers der UNO, im April 1929 und beteiligte sich an den Arbeiten am Abkommen über die Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels vom Juni 1936. Ab 1928 arbeiteten Rauschgift-Experten der IKPO beim Völkerbund mit.
Die Folgekonferenz der IKPK fand im Mai 1924 wieder in Wien statt. Die weiteren Generalversammlungen waren in Wien (April 1926), Berlin (September 1926), Amsterdam (Juli 1927), Bern (September 1928), Wien (Jänner 1930), Antwerpen (September 1930), Paris (September 1931), Rom (Oktober 1932), Wien (September 1934), Kopenhagen (Juni 1935), Belgrad (Mai/Juni 1936), London (Juni 1837) und Bukarest (Juni 1938). Zusätzlich gab es Polizeikongresse in Berlin im September 1926 und in Antwerpen im September 1930 sowie mehrere Tagungen des IKPK-Funkfachausschusses. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs fanden bis zur Wiedergründung 1946 keine Tagungen mehr statt.

Zentrale der IKPK in Berlin-Wannsee nach der Zwangsübersiedlung der Organisation 1941 von Wien nach Berlin
Zentrale der IKPK in Berlin-Wannsee nach der
Zwangsübersiedlung der Organisation 1941 von Wien nach
Berlin © Interpol

IKPK-Sekretär Oskar Dressler gliederte die IKPK in die Abteilungen Falschgeld, Daktyloskopie, Passfälschung, illegaler Drogenhandel und Schwerverbrechen. Offizielle Sprache war Französisch, man verständigte sich auch in Deutsch, Englisch und Italienisch. Dressler war auch Chefredakteur der BMI-Fachzeitschrift „Öffentliche Sicherheit“. Er gründete über Beschluss der IKPK die Publikation „International Public Safety/Internationale Öffentliche Sicherheit“. Das Magazin erschien ab Jänner 1925 zweimal im Monat in deutscher, englischer, französischer, und italienischer Sprache. Im IKPK-Periodikum veröffentlicht wurden internationale Haftbefehle, die Beschreibung von gefahndeten Rechtsbrechern und unbekannten Toten, Verzeichnisse gestohlener Gegenstände sowie Beiträge über die Organisation und Arbeit der IKPK. 1932 wurde mit der Änderung der Interpol-Statuten das Amt des „Generalsekretärs“ geschaffen, dass der bisherige Sekretär Dressler übernahm.
Oskar Dressler richtete die erste internationale kriminalpolizeiliche Informationssammlung ein. Es handelte sich um Verzeichnisse über grenzüberschreitend tätige Kriminelle, ergänzt mit Informationen aus den Interpol-Mitgliedsländern. Dressler rief die polizeilichen Dienststellen in den IKPK-Mitgliedsländern auf, ihm „Fotografien von gesuchten Verbrechern, vermissten Personen, gestohlenen Gegenständen und dergleichen“ zu schicken. Die Fahndung in der „Internationalen Öffentlichen Sicherheit“ war in einer Reihe von Fällen erfolgreich. So wurde 1925 in Danzig ein „gefährlicher Hoteldieb“ verhaftet, dem Diebstähle in Österreich und in anderen Ländern zur Last gelegt worden waren. Die „Internationale Öffentliche Sicherheit“ berichtete darüber in der März-Ausgabe 1925: „Wir berichten mit Freude, dass diese Festnahme aufgrund der in unserem Journal gemachten Ankündigung erfolgte. Dies ist nur ein weiteres Beispiel, wie nützlich, ja, wie notwendig ein internationales Journal ist, das sich mit der Suche nach Verbrechern und vermissten oder gesuchten Personen befasst.“ 1933, zehn Jahre nach der Gründung der Kommission, umfasste die Karteikartensammlung bereits über 3.200 international agierende Verbrecher. Ab 1925 wurden in den Mitgliedsländern nationale Zentralbüros als Schnittstellen zum Generalsekretariat in Wien eingerichtet, Belgien machte den Anfang.
Nach dem Tod Schobers folgte ihm 1932 Dr. Franz Brandl als Wiener Polizeichef und IKPK-Präsident nach. Er wurde im Ständestaat 1934 aus politischen Gründen abgesetzt. Ihm folgte Dr. Eugen Seydel und 1935 übernahm Dr. Michael Skubl das Präsidentenamt.
Bis 1939 schlossen sich der IKPK an: Dänemark, Sachsen (1923), Litauen, Portugal (1924), Württemberg, Tschechoslowakei (1925), Preußen, Schweiz, Spanien und die freien (Hanse-)Städte Danzig, Bremen und Hamburg (1926), Bulgarien, Bayern, Frankreich (1927), Finnland, Belgien, Großbritannien (1928), Niederlande (1929), Italien, Türkei (1930), Lettland, Irland, Norwegen, Schweden (1931), Niederländisch-Indien (1935), Ecuador (1936), Luxemburg (1937), Iran, Britisch-Indien (1938), USA, Slowakei (1939) und Kroatien (1941).

IKPK im Nationalsozialismus.

IKPK-Generalsekretär von 1923 bis 1946: Oskar Dressler
IKPK-Generalsekretär von 1923 bis
1946: Oskar Dressler © Polizeiarchiv
Wien
Wiens Polizeipräsident Johann Schober: IKPK-Gründungspräsident
Wiens Polizeipräsident Johann Schober:
IKPK-Gründungspräsident © ÖNB

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im März 1938 in Österreich wurde Wiens Polizeichef und IKPK-Präsident Dr. Michael Skubl zum Rücktritt gezwungen und bis 1945 interniert. Das Magazin „Internationale Öffentliche Sicherheit“ wurde in „Internationale Kriminalpolizei“ umbenannt.
Oskar Dressler wurde wie viele hochrangige Polizeiangehörige von den Nazis aus dem Polizeidient entfernt. Er arrangierte sich aber mit Reinhard Heydrich, Stellvertreter des Reichsführers-SS und Chef der deutschen Polizei Heinrich Himmler, sowie mit dem Reichskriminaldirektor Arthur Nebe, der 1938 Direktor der IKPK wurde und er trat in die NSDAP ein. Dressler durfte Generalsekretär der IKPK bleiben. Heydrich forderte 1938 das Amt des IKPK-Präsidenten mit der Begründung, dass der Leiter der Wiener Polizeidirektion seit der Annahme einer Resolution aus dem Jahr 1934 zugleich auch als Präsident der IKPK fungierte. „Österreich ist nun ein Teil Deutschlands und die Resolution müsste deshalb auf den Leiter der Sicherheitspolizei des Dritten Reiches angewandt werden, nämlich auf mich“, vermerkte Heydrich. Dressler riet, die nächste Generalversammlung der IKPK in Budapest abzuwarten. So wurde am 15. April 1938 der von den neuen Machthabern zum kommissarischen Wiener Polizeipräsident ernannte, bereits schwer kranke Otto Steinhäusl neuer Präsident der IKPO.
Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bestand die Kommission weiter, jedoch war ihre Tätigkeit stark eingeschränkt. Nach Steinhäusl Tod im Juni 1940 verlangte Reinhard Heydrich, die IKPK-Zentrale von Wien nach Berlin zu verlegen. Generalsekretär Dressler ersuchte alle Mitgliedstaaten schriftlich um Zustimmung – mit einer kurzen Antwortfrist und dem Hinweis, dass das Nicht-Antworten als Zustimmung gewertet würde. 15 Mitgliedsländer stimmten zu, vor allem die von Deutschen besetzten und mit ihnen verbündeten bzw. Hitler noch wohlgesonnenen Länder. Die Briefe an die Kriegsgegner Frankreich, Großbritannien und Irland wurden von der Deutschen Reichspost nicht zugestellt, aus den USA kam keine Antwort. So wurde im August 1940 Heydrich Interpol-Präsident und die IKPK wurde als Abteilung V dem Reichssicherheitshauptamt unterstellt – Abteilung IV war die berüchtigte Gestapo. Gleichzeitig wurde in Berlin ein „Internationales Büro“ eingerichtet, geleitet von Artur Nebe, dem Direktor des Reichskriminalpolizeiamts.
Im April 1941 übersiedelte die IKPK in ein Gebäude in Berlin-Wannsee, Am Kleinen Wannsee 16. Generalsekretär Oskar Dressler erhielt im Dezember 1941 mit SS-Standartenführer Dr. Karl Zindel einen „Sonderbeauftragten“ zur Seite gestellt. Nachdem Reinhard Heydrich im September 1942 bei einem Anschlag getötet worden war, wurde Arthur Nebe mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Präsidenten der IKPK beauftragt. Im Jänner 1943 übernahm Dr. Ernst Kaltenbrunner die Leitung des Reichssicherheitshauptamts und damit das IKPK-Präsidentenamt. Dressler veröffentlichte 1942 in Berlin ein Buch über „Die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission und ihr Werk“.
1944 schickten noch einige IKPK-Mitgliedsländer Informationen an die Zentrale nach Berlin, darunter die Schweiz. 1945 kam die Tätigkeit der Kommission zum Erliegen. Am 20. Februar 1945 erschien die letzte Ausgabe der „Internationalen Kriminalpolizei“.

Polizeidirektion Wien: Tagungsort des 2. internationalen kriminalpolizeilichen Kongresses 1923
Polizeidirektion Wien: Tagungsort des 2. internationalen
kriminalpolizeilichen Kongresses 1923 © Interpol

IKPK-Direktor Arthur Nebe wurde wegen angeblichen Kontakten zum Verschwörerkreis des 20. Juli 1944 von einem NS-Gericht zum Tod verurteilt und am 3. März 1945 in Berlin hingerichtet. Nach Kriegsende 1945 wurde IKPK-Präsident Ernst Kaltenbrunner verhaftet und als Kriegsverbrecher im Oktober 1946 in Nürnberg hingerichtet. IKPK-„Sonderbeauftragter“ Karl Zindel starb im April 1945 während eines Verhörs durch Besatzungstruppen an einem Herzinfarkt. Oskar Dressler kehrte nach Wien zurück und blieb bis zur Neugründung der Interpol im Juni 1946 formell Generalsekretär der IKPO. Weil er 1938 kurz Repressalien der Nationalsozialisten ausgesetzt war, wurde er als Verfolgter der NS-Diktatur betrachtet und wieder in den Polizeidienst eingestellt.

Werner Sabitzer

Im nächsten Heft: Die IKPK von 1946 bis 1956


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 7-8/2023

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