Sicherheitsstudie 2023

Sicherheitsrisiken im Handel

Nicht nur der Onlinehandel ist von Kriminalität betroffen und muss gut geschützt werden, sondern auch der stationäre. In Österreich entsteht laut Sicherheitsstudie 2023 jährlich ein Schaden von rund 500 Millionen Euro durch Ladendiebstähle.

Sicherheitsgipfel 2023: Robert Spevak (Metro), Jacqueline Bichler (Stadler Völkel Rechtsanwälte), Norbert Scheele (C&A), Petra Huber-Lintner (BK), Alexander Herberstein (Dorotheum); Rainer Will (Handelsverband), Manuel Scherscher (BK)
Sicherheitsgipfel 2023: Robert Spevak (Metro), Jacqueline Bichler (Stadler Völkel Rechtsanwälte), Norbert Scheele (C&A), Petra Huber-Lintner (BK), Alexander Herberstein (Dorotheum); Rainer Will (Handelsverband), Manuel Scherscher (BK) © Katharina Schiffl

Wir können rund um die Uhr in Onlineshops bestellen, was wir wollen. Auch wenn im vergangenen Jahr erstmals die E-Commerce-Umsätze zurückgegangen sind, wächst das Risiko für Betrug im Netz. Für die Sicherheitsstudie 2023, die vom Bundesministerium für Inneres (BMI), dem Bundeskriminalamt und der Initiative „Gemeinsam.Sicher“ sowie mit dem Handelsverband durchgeführt wurde, wurden Vertreter von 150 Unternehmen aller Handelsbranchen und Größenordnungen sowie 1.026 österreichische Verbraucherinnen und Verbraucher befragt. Die Ergebnisse wurden beim Sicherheitsgipfel am 10. Mai 2023 in ­Wien präsentiert und mit Branchenvertreterinnen und -vertretern wurde auch die Wichtigkeit von Präventionsmaßnahmen besprochen

Kriminalität im stationären Handel.

Nicht nur der Onlinehandel steht im Visier von Kriminellen, sondern auch der stationäre. 82 Prozent der befragten Händlerinnen und Händler mit Geschäften gaben an, bereits einmal Opfer von Kriminalität geworden zu sein, 40 Prozent davon öfter. Zu den häufigsten Delikten zählen Ladendiebstahl (89 %), Bezahlung mit Falschgeld (43 %), Vandalismus im Shop und Bettelei (jeweils 22 %) sowie Bandenkriminalität (18 %). Die Schadenssumme liegt in 30 Prozent der Fälle unter 500 Euro und bei zwei Prozent der Delikte übersteigt sie eine Million Euro. Präventionsmaßnahmen sind unumgänglich und die Möglichkeiten an Gegenmaßnahmen sind vielfältig. Am häufigsten werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den richtigen Umgang mit Verdächtigen geschult (63 %), eine Videoüberwachung haben 59 Prozent der Befragten im Einsatz und fast die Hälfte setzt auf Warensicherungs- und Einbruchmeldeanlagen (44 %). Drei Prozent sehen keine Notwendigkeit in Sicherungsmaßnahmen.

Entwicklung des E-Commerce.

Der Onlinehandel erfreut sich seit vielen Jahren großer Beliebtheit und während der Covid-19-Pandemie kam es zu einem Einkaufsboom im Internet. Laut Sicherheitsstudie 2023 sind im ersten Pandemiejahr die Umsätze um 17,1 Prozent gestiegen. Im vergangenen Jahr sind sie erstmals in der Geschichte eingebrochen; Grund war die Inflation: Ein Minus von acht Prozent wurde verzeichnet. Durch die Eröffnung eines Webshops ergeben sich für die Händlerin oder den Händler nicht nur neue Absatzwege, sondern auch neue Gefahren. So erreichte 2022 die Anzahl der Cybercrime-Anzeigen mit 60.195 Delikten einen Höchstwert. Laut der Umfrage unter den 150 Handelsbetrieben wurden 2022 64 Prozent Opfer von Online-Betrug, 34 Prozent mehrmals. 2020 waren 46 Prozent davon betroffen. Von den Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten gaben 75 Prozent an, in Verbindung mit ihrem Onlineshop Onlinebetrug erfahren zu haben.

Phishing, Malware, Cyber-Erpressung.

Am häufigsten sehen sich die Befragten mit Phishing (61 %) konfrontiert, gefolgt von Malware, mit der jeder zweite Betrieb bereits Erfahrung machen musste und Cyber-Erpressung (32 %) sowie Ransomware (28 %).

Onlinebetrug.

Es wird zwischen Identitätsbetrug, Zahlungsunfähigkeit, Bestellbetrug, Betrug im Zusammenhang mit der Lieferung oder Retouren und Cyber-Attacken unterschieden. Unter den Befragten zeigt sich, dass Betrügerinnen und Betrüger häufig Waren bestellen, im Wissen, dass sie die Rechnung nicht begleichen werden können (57 %). Ebenfalls weit verbreitet ist die Angabe einer anderen Identität (51 %) oder die Angabe verfälschter Namen oder Adressen (50 %). 47 Prozent geben an, dass Kundinnen und Kunden abgestritten hätten, die Ware erhalten zu haben, obwohl sie an sie ausgeliefert worden ist.

Höhere Schadenssummen.

Beim Onlineshopping sollte man bei sehr günstigen Angeboten misstrauisch sein
Beim Onlineshopping sollte man bei sehr günstigen
Angeboten misstrauisch sein © Gorodenkoff -
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2020 lag die Schadenssumme bei Betrugshandlungen im Onlinehandel bei 55 Prozent unter 500 Euro. In den vergangenen zwei Jahren nahm das Ausmaß zu: 2022 lagen 18 Prozent der Schadenssummen unter 500 Euro und in 22 Prozent der Fälle betrug der Schaden zwischen 5.000 und 10.000 Euro. Zum ersten Mal ist die Millionenmarke überschritten worden: In drei Prozent der Fälle wurde mehr als eine Million Euro Schaden verursacht.

Schutzmaßnahmen.

„Vor Betrug ist kein Onlinehändler gefeit. Deshalb ist es wichtig, Schutzmaßnahmen zu treffen, um seinen Onlineshop abzusichern. Kleine und mittlere Unternehmen sind genauso gefährdet und durch die oft fehlenden oder mangelhaften Schutzmaßnahmen ein beliebtes Ziel“, erklärte der stellvertretende Direktor des Bundeskriminalamtes und Leiter der Initiative „Gemeinsam.Sicher“ Mag. Manuel Scherscher. Um sich vor Betrug zu schützen, verwenden viele Onlinehändlerinnen und -händler eine Kombination aus verschiedenen Schutzmaßnahmen und verzichten auf potenzielle Mehrumsätze und Absatzwege. 61 Prozent der Befragten setzen auf eine sichere Zahlungsoption, gefolgt von eingeschränkten Lieferoptionen (42 %), der Prüfung der Identität (36 %) und der Bonität (33 %) sowie Hotlists (30 %).
Ein Viertel der Händlerinnen und Händler verwendet eine Betrugsvermeidungssoftware. Unterschiede hinsichtlich der Maßnahmen zeigen sich bei größeren Unternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU): 58 Prozent der größeren Betriebe setzen auf Identitäts- und 55 Prozent auf eine Bonitätsprüfung – bei den KMU nur 16 bzw. 12 Prozent. 42 Prozent der größeren Onlinehändlerinnen und -händler setzen auf eine Hotlist; 19 Prozent der KMU gebrauchen dieses Instrument zur Risikominimierung. Trotz der vielen Schutzmaßnahmen gaben 18 Prozent der Befragten an, sich noch nicht mit diesem Thema auseinandergesetzt zu haben. 37 Prozent verwenden keine spezielle Maßnahme zur Betrugsvermeidung.

Zusammenarbeit mit der Polizei.

„Wird man Opfer einer Straftat, ist es wichtig, sie bei der Polizei anzuzeigen. Dadurch können nicht nur mögliche Deliktserien erkannt und zusammengeführt werden, sondern Straftaten erst aufgeklärt und die Täter vor Gericht gebracht werden“, sagte Scherscher. Hinsichtlich zukünftiger Online-Betrugsfälle gaben 67 Prozent der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer an, diese bei der Polizei anzeigen zu wollen, 2021 zeigten sich 76 Prozent dazu bereit. Ein Fünftel erwarten sich durch die Anzeige kein Ergebnis und 15 Prozent sind der Meinung, dass die Zeit und das Geld die Anzeige nicht aufwiege. Als wichtigste Faktoren für die Erstattung einer Anzeige nennen die Befragten die Servicequalität. 89 Prozent wünschen sich, eine Anzeige jederzeit erstatten zu können und 68 Prozent möchten mit einem Besuch bei der Polizei alles erledigt haben.

Cybercrime auf Konsumenten-Seite.

Nicht nur Unternehmerinnen und Unternehmer sind von Cybercrime betroffen, sondern auch Konsumentinnen und Konsumenten. Die Sicherheitsstudie 2023 zeigt, dass ein Drittel der Befragten Erfahrungen mit Schadsoftware, wie Viren oder Trojaner gemacht haben. Ein Fünftel war von Datendiebstahl durch Phishing betroffen und 18 Prozent waren Opfer von Betrug bei Online-Transaktionen.
Im vergangenen Jahr wurden 26 Prozent der Befragten Opfer eines Fake-Shops, 2021 waren es 19 Prozent. „Besonders im letzten Jahr hat sich gezeigt, dass die Täter immer dreister werden und sehr rasch auf geänderte Umstände reagieren. So werden in Krisenzeiten die Sorgen und Ängste der Menschen schamlos gegen ausgenutzt, um Profit zu machen, wie es etwa bei Fake-Onlineangeboten von Brennmaterial der Fall war“, sagt Scherscher.

Präventionsmaßnahmen sind ein wichtiger Eckpfeiler in der Risikominimierung. 76 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten gaben an, sich mit einem Virenschutzprogramm zu schützen und 63 Prozent haben eine Firewall installiert. Regelmäßige Software- und Security-Updates sind für 58 Prozent eine wichtige Maßnahme. Anonymisierungsdienste wie TOR werden von sieben Prozent der Befragten verwendet.

Romana Tofan

Onlinehandel

Präventionstipps

  • Wenden Sie sich an Unternehmen mit Erfahrungen im Onlinehandel und tauschen Sie sich aus.
  • Setzten Sie beim Onlineshopping auf ein gesundes Misstrauen, besonders bei sehr günstigen Angeboten.
  • Auf vielen Shopping-, Preisvergleich- und Auktionsseiten werden Handelsbetriebe beurteilt. Gute Bewertungen können ein Hinweis auf seriöse Geschäftspraktiken sein.
  • Besondere Vorsicht ist bei Vorauszahlung geboten.
  • Zur Bezahlung sollten Konto- oder Kreditkartendaten über eine verschlüsselte Verbindung übertragen werden, erkennbar an „https“ in der Adresszeile und einem Schloss- oder Schlüsselsymbol.
  • Erstatten Sie im Schadensfall eine Anzeige bei der nächsten Polizeiinspektion.

Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 9-10/2023

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