Gedenkstätten für Exekutivbeamte (21)

Tod eines Stadtpolizisten

Gedenktafel für den Stadtpolizisten Johann Grieslechner am Hauptplatz in Tulln
Gedenktafel für den Stadtpolizisten
Johann Grieslechner am Hauptplatz in
Tulln © Werner Sabitzer

Im März 1919 wurde in Tulln der Stadtpolizist Johann Grieslechner erstochen. Eine Gedenktafel an einer Hausfassade am Hauptplatz in Tulln erinnert an den heimtückischen Polizistenmord.

Der 42-jährige Johann Grieslechner von der städtischen Sicherheitswache Tulln wurde am 25. März 1919 in der Nacht in der Nussallee in Tulln von einem Einbrecher niedergestochen. Der städtische Sicherheitswachmann schleppte sich bis zum damaligen Gendarmeriepostenkommando am Hauptplatz 17 in Tulln, wo er vor dem Eingang zusammenbrach und starb. Die Leiche wurde um fünf Uhr früh entdeckt. Grieslechner hinterließ eine Frau und zwei Kinder.
Vier Jahre nach dem Mord wurde der Täter verhaftet. Es handelte sich um den 31-jährigen Hilfsarbeiter Anton Klaus. Er war bereits kurz nach der Tat mit einigen anderen Verdächtigen festgenommen, aber mangels Beweisen freigelassen worden. Ein Polizeihund hatte damals zu seiner Spur geführt. Der Täter legte nach seiner neuerlichen Festnahme 1923 ein Geständnis ab. Er wurde wegen Totschlag und Einbruchdiebstahl zu einer zehnjährigen Kerkerstrafe verurteilt.
Die städtische Sicherheitswache Tulln bestand aus einem Inspektor und vier bis fünf Sicherheitswachmännern. Sie war überwiegend für ortspolizeiliche Aufgaben zuständig.

Gedenktafel.

Stadtpolizist Johann Grieslechner (rechts mit Säbel)
Stadtpolizist Johann Grieslechner
(rechts mit Säbel) © LPD NÖ

Fünf Jahre nach dem Polizistenmord wurde 1924 am Gebäude des Gendarmeriepostenkommandos Tulln eine Gedenktafel angebracht. Das Haus wurde 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Die Gedenktafel blieb unbeschädigt und wurde an der Fassade der neuen Stadtpolizei in Tulln befestigt. Nach der Auflösung der Stadtpolizei kam die Gedenktafel in das Tullner Stadtmuseum, zerbrach aber bei der Übersiedlung. 2017 beschlossen ehemalige Tullner Stadtpolizisten und Gendarmen eines Stammtisches, die Gedenktafel zu reparieren und sie 100 Jahre nach der Ermordung Johann Grieslechners an jener Stelle anzubringen, an der er ermordet worden war. Das Projekt wurde von Chefinspektor i. R. Peter Pennerstorfer organisiert. Bei einer Gedenkfeier anlässlich des 100. Todestags am 5. September 2019 wurde die restaurierte Tafel im Hof der Wirtschaftskammer Tulln, Hauptplatz 15, enthüllt und mit einer Zusatztafel versehen. Die an der Hauswand angebrachte Metalltafel hat folgende Inschrift: „S. W. / JOHANN GRIESLECHNER / hat in treuer Erfüllung seiner / Berufspflicht am 25. März 1919 / das Leben geopfert / Sicherheitswache Tulln 1924“
Die Zusatztafel weist folgenden Text auf: „Gedenkfeier zum 100. Todestag / Am 5. September 2019 / Landespolizeidirektion Niederösterreich / und Senioren des Tullner Polizei- und / Gendarmeriestammtisches“
1920 wurden in Österreich zwei weitere Angehörige von Städtischen Sicherheitswachen ermordet: Wachführer Karl Seeliger von der Städtischen Sicherheitswache Stockerau wurde von einem Einbrecher umgebracht und Heinrich Deml von der Stadtschutzwache Wien wurde am 11. April 1920 von Einbrechern in der Lobau erschossen.

Werner Sabitzer

Quellen/Literatur:
Pennerstorfer, Peter: Polizistenmord in Tulln vor 100 Jahren. Gedenkfeier für den 42-jährigen Polizeiwachmann Johann Grieslechner in Tulln. In: Polizei Niederösterreich. Info-Magazin der Landespolizeidirektion, Nr. 4/2019, 15-17
Pichler, Eduard: Die Gemeindepolizei. In: Öffentliche Sicherheit, Nr. 23-24/1922, S. 8
Aufdeckung eines Mordes nach vier Jahren. In: Illustrierte Kronen Zeitung, 22. April 1923, S. 5
Der Mord an dem Tullner Sicherheitswachmann Grißlechner. In: Reichspost, 5. Juli 1923, S. 7
Ein nach vier Jahren aufgeklärter Mord. In: Illustrierte Kronen Zeitung, 27. April 1923, S. 3-4


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2023

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