Retter 2023

Schutz und Rettung

Österreichs größte Messe für Einsatzorganisationen, die „Retter“ in Wels, bot ein breites Programm zu Drohnen, Robotik, Feuerwehr, Rettung, Sicherheit, Zivil- und Katastrophenschutz.

„Retter“ 2023 in Wels: Virtual-Reality-Training für Feuerwehrleute; Brechwerkzeug zur Rettung von Fahrzeuginsassen
„Retter“ 2023 in Wels: Virtual-Reality-Training für Feuerwehrleute; Brechwerkzeug zur Rettung von Fahrzeuginsassen © Kurt Hickisch

Innenminister Gerhard Karner eröffnete am 21. September 2023 die „Retter“-Messe in Wels. Er bedankte sich bei allen, „die sich in den Blaulichtorganisationen ehrenamtlich engagieren. Als ehemaliger Bürgermeister weiß ich, welchen unermesslichen Wert dieses Zusammenspiel hat. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sorgen für das Funktionieren unserer Gesellschaft. Die „Retter“-Messe in Wels ist eine Plattform für alle Einsatzorganisationen, um ihre Leistungen zu präsentieren und den wichtigen Austausch über technische Weiterentwicklungen zu fördern.“
Als Leitmesse für Einsatzorganisationen bot die Messe einen Überblick über Feuerwehr, Brandschutz, Katastrophenschutz, Zivilschutz, Rettung, Sanitätswesen, Notfallmedizin und öffentliche Sicherheit. Blaulichtorganisationen (BOS) hatten die Möglichkeit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren. Vertreten waren 220 Aussteller einschlägiger Produkte, wobei zahlreiche Neuentwicklungen vorgestellt wurden. 70 Aussteller waren erstmals auf der Messe vertreten.
Das reichhaltige Vortragsprogramm wurde ergänzt durch Vorführungen auf dem Freigelände. Unter den Ausstellern war auch die Landespolizeidirektion Oberösterreich mit einem Recruiting-Stand und zahlreichen Vorführungen sowie Challenges für Besucherinnen und Besucher vertreten. Mit Ausstellungsständen vertreten waren weiters die oberösterreichische Bergrettung, Wasserrettung, Höhlenrettung, die Rettungshundebrigade, das Rote Kreuz und der Arbeitersamariterbund. Beim Stand des Zivilschutzverbandes konnte man sich über Möglichkeiten der Eigenvorsorge informieren. Notfallleuchten und -radios sowie Spirituskocher und haltbare Lebensmittel wurden angeboten, samt reichhaltigem Informationsmaterial.
Der Hydrografische Dienst des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung stellte das Hochwasserwarnsystem Nepomuk vor.
Das Bundesheer war an technischem Gerät unter anderem mit einer Wasseraufbereitungsanlage und einem Dekontaminationsfahrzeug vertreten.
Die Kriminalprävention informierte über aktuelle Betrugsformen und wie man sich am besten vor diesen schützen kann. Bei einem zweiten Stand konnte man sich über die Aufnahme in den Polizeidienst informieren und auf Matten seine körperliche Leistungsfähigkeit bei Kniebeugen und Liegestützen testen. Eine ähnliche Form der Personalwerbung führte auch die Berufsfeuerwehr Linz durch. Auf deren Stand musste eine menschliche Puppe im Untergriff an den Schultern rückwärtsgehend mehrmals durch einen Parcours gezogen werden – was nicht allen ohne hinzustürzen gelungen ist.
Die Initiative „Gemeinsam.Sicher mit der Feuerwehr“ (gemeinsam-sicher-feuerwehr.at ) vermittelt als Bildungsinitiative zur allgemeinen Brand- und Katastrophenschutzerziehung in Bildungseinrichtungen Lehrmaterial, das vom Kindergarten über die Volksschule bis zu den Sekundarstufen I und II reicht.

Forschung.

Eine Novellierung des steirischen Landesfeuerwehrgesetzes hat es ermöglicht, dass an Universitäten Feuerwehren errichtet werden können. Als eine solche wurde 2018 die Freiwillige Feuerwehr der TU Graz (feuerwehr.tugraz.at ) gegründet. In dieser engagieren sich Bedienstete, Studierende, Lehrende und Absolventen der TU Graz, wobei durch die derzeit über 80 Mitglieder der Feuerwehr das Fachwissen aller sieben Fakultäten der TU Graz einfließt. Neben den Aufgaben einer herkömmlichen Feuerwehr wird praxisnahe Forschung unter Einsatzbedingungen betrieben. Die Erkenntnisse daraus werden anderen Feuerwehren und auch dem Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV) – mit dem eng kooperiert wird – zur Verfügung gestellt. Gemeinsam werden Technologien und Systeme entwickelt, die in Krisen und im Katastrophenschutz eingesetzt werden können.

Lifebox: Notfall-Rettungsschale für Frühgeborene und Säuglinge
Lifebox: Notfall-Rettungsschale für Frühgeborene und
Säuglinge © Kurt Hickisch

Die Vernetzung verschiedener Einrichtungen des Katastrophenschutzes und der -forschung hat sich der gemeinnützige Verein Disaster Competence Network Austria (DCNA; dcna.at ) zum Ziel gesetzt. Die Plattform bündelt Expertise auf diesem Gebiet, ist Anlaufstelle und bietet „Science as a Service“. Mit einem mobilen Mess- und Analyselabor können die Forscherinnen und Forscher des DCNA bei Schadensereignissen orts- und zeitnah ihre Kenntnisse zur Verfügung stellen. Dies betrifft auch die Beobachtung kritischer Hangrutschungen.
An der Montanuniversität Leoben, Zentrum Berg (ZaB), wurde zur Schulung von Ersthelfern das Projekt MED1stMR (med1stmr.eu ) entwickelt. Die simulierte Erstversorgung von Unfallopfern erfolgt über eine VR-Brille zwar in einer virtuellen Umgebung, aber so, dass die Handlungen an einem realen Objekt (Manikin) durchgeführt werden, mit dem sogar gesprochen werden kann. Die Effizienz der Ausbildung in Erster Hilfe kann durch das Verfahren insofern gesteigert werden, als mehrere Personen zugleich am Objekt arbeiten können und die aufgenommenen Videosequenzen für nachfolgende Analysen zur Verfügung stehen. Die Universität Wien bietet das postgraduale Studium Risikoprävention und Katastrophenmanagement (MSc) an (postgraduatecenter.at/oerisk ).

Drohnen.

Die Betriebsfeuerwehr der Voest Linz stellte ihr Drohnenmodell vor, das mit Taglicht- und Wärmebildkameras ausgestattet werden kann. Landesweit gibt es derzeit in Oberösterreich noch fünf weitere derartige Drohnen für die Feuerwehren, sechs Drohnen mittlerer Größe und sechs kleinere Drohnen. Sie werden je nach Bedarf samt Personal von den jeweiligen Standorten abgerufen.
Über den ÖBFV werden Kurse zum Erwerb des Drohnenführerscheins für Feuerwehren angeboten.
Unterwasserroboter, die über eine Kabelverbindung gesteuert werden, wurden von der Firma Droneline (droneline.shop ) vorgestellt. Die Länge des Kabels reicht, wie Firmeninhaber Stefan Strohmayr ausführte, selbst für die tiefsten Stellen des Attersees aus. Der Blickwinkel der Kamera umfasst etwa 120 Grad. Eine der Drohnen ist mit einem Greifer ausgestattet, der beispielsweise für die Bergung von Wasserleichen eingesetzt werden kann. Zur Schadstoffmessung in der Luft steht eine Drohne zur Verfügung, die mit einem Aufsatz (Sniffer) versehen ist. Das Unternehmen bietet auch Drohnenshows an.

Drohne zur Schadstoffmessung; Innenminister Gerhard Karner und Bürgermeister Andreas Rabl (Wels) beim Messerundgang
Drohne zur Schadstoffmessung; Innenminister Gerhard Karner und Bürgermeister Andreas Rabl (Wels) beim Messerundgang © Kurt Hickisch

Neuheiten.

Ferngelenktes Löschfahrzeug
Ferngelenktes Löschfahrzeug © Kurt Hickisch

Der Feuerwehr-Ausstatter Rosenbauer (rosenbauer.com ) hat mit einer Partnerfirma, die Satellitendaten zur Verfügung stellt, ein System entwickelt, das sämtliche größeren Brände am Globus auf den jeweiligen Landkarten, wie etwa für Österreich, grafisch anzeigt. Die Digital Solutions von Rosenbauer unterstützen Einsatzorganisationen mit Apps wie Connected Command, Connected Fleet oder Connected Drones bei der Planung und Durchführung von Einsätzen sowie in der Administration.
Das französische Unternehmen Labaronne, in Österreich vertreten durch die Firma ATC Water Solutions e. U. (atc-water-solutions.at ), stellt flexible Flüssigkeitsbehälter her, die beispielsweise als Speicher für Löschwasser oder von Wasser für die Tierhaltung in entlegenen Gegenden verwendet werden können. Für die flachen Tanks genügt ein Abtragen des Bodens; es sind keine tiefen Grabungsarbeiten oder das Anlegen von Schächten erforderlich. Als Abdeckung reicht eine Schicht Sand. Die Behälter können speziellen Zwecken angepasst werden, beispielsweise bei der Speicherung von Löschwasser in denkmalgeschützten Baulichkeiten.
Unfälle etwa bei Forstarbeiten oder bei der Ausübung von Sportarten wie Mountain- oder E-biking erfordern oft einen Personentransport über schwierig zu befahrendes Gelände. Die BZS GmbH (bzs.gmbh.de ) hat auf der Basis eines All-Terrain-Vehicles (ATV) ein wie ein Motorrad zu lenkendes vierrädriges Einsatzfahrzeug vorgestellt, bei dem sich die Trage quer zur Fahrtrichtung am Heck des Fahrzeugs befindet. Der Beifahrer sitzt mit dem Rücken zur Fahrtrichtung vor der Trage, kann somit direkt mit dem Unfallopfer in Kontakt bleiben und es während der Fahrt beobachten. Allradantrieb und Differentialsperren sind zuschaltbar.
Zur Notfall-Rettung von Frühgeborenen und Säuglingen bis zum Alter von etwa 15 Monaten hat NeoRescue (neorescue.ch ) eine Rettungsbox (Lifebox) entwickelt, in die der Säugling samt allenfalls angeschlossenen medizinischen Diagnose- und Überwachungsgeräten in eine Schale eingelegt werden kann. Die Box enthält eine Atemluftflasche, die aufgedreht werden muss, bevor die Box mit den beiden zuvor aufgeklappten Seitenteilen mit einem Sicherheitsgurt verschlossen wird. Von diesem Zeitpunkt an ist der Säugling für etwa 45 Minuten von der Außenluft unabhängig. Der in der Box entstehende Überdruck verhindert das Eindringen kontaminierter Luft, wie etwa von Rauchgasen. Die Box ist thermisch isoliert und schwer entflammbar, hält Löschwasser zurück und ist schwimmfähig.
Zur Desinfektion von Räumen setzt die hollu Systemhygiene GmbH (hollu.com ) Kaltvernebelung von Wasserstoffperoxid ein. Dieses zerfällt beim Versprühen in Wasser und Sauerstoff, der die Desinfektion bewirkt. Der Behälter mit der Flüssigkeit wird in eine fahrbare Box eingestellt und an die dort befindliche Sprühvorrichtung angeschlossen.
Mit der erstmals auf einer Messe vorgestellten Neuentwicklung Drill-X von Synex Tech (drill-x.at ) können Brände in Dachböden, Innenräumen oder sonst nicht zugänglichen Räumen von außen dadurch gelöscht werden, dass sich das Gerät selbst den Weg zum Brandraum bohrt und dann dort über Düsen das Löschmittel versprüht. Das Bohren erfolgt durch die Energie des unter Druck zugeführten Wassers. Bohren und Löschen sind in einem Gerät vereint. Eine zusätzliche, die Brandausbreitung begünstigende Zufuhr von Sauerstoff, wie das etwa beim Ausbrechen von Mauerwerk oder Öffnen von Dachverschalungen die Folge wäre, unterbleibt. Das Gerät wurde in einem Forschungsprojekt mit der schon erwähnten Feuerwehr der TU Graz entwickelt.
Die Firma Vlitex (vlitex.com ) stellte Brandbegrenzungsdecken mit Glasfasergewebe vor, die den Brand „unter der Decke halten“ bzw. ersticken. Konzipiert ist die Decke für Akku-Brände, insbesondere für solche in E-Autos. Nach Art einer Schutzplane kann das gesamte Fahrzeug abgedeckt werden. Für konventionelle Brände ist die Decke ebenso geeignet.
Im dichten Gedränge großer Menschenansammlungen stehen Rettungskräfte vor dem Problem, den Ort des Geschehens zu finden. Der Body-Flash der Polytron-Vertrieb GmbH (body-flash.de ) ist ein am Körper getragener Signalgeber, der bei Aktivierung durch blinkendes Blaulicht und akustischen Signalton, mit einer in vier Stufen einstellbarer Lautstärke bis zu 100 Dezibel, auf den Träger des Geräts aufmerksam macht und Einsatz- bzw. Rettungskräften den Weg weist. Für die Ausbildung von Einsatzfahrern bietet die Road-Safety GmbH (sifat-roadsafety.de ) einen Fahrsimulator an, der, über bloße Fahrsimulation hinaus, auch Brems- und Beschleunigungskräfte körperlich erlebbar macht.
Einsatzkräfte sehen sich beim Eindringen in Wohnungen allenfalls Schadenersatzforderungen ausgesetzt, sollten sie übermäßige und vermeidbare Schäden verursacht haben. Öffnungswerkzeug, das Schäden minimiert, konnte am Stand der Firma Volk aus Ravensburg (volk-sicherheitstechnik.de ) an Tür- und Fensterelementen erprobt werden. Die Firma Kipp-Blitz (kipp-blitz.de ) hat sich mit ihrem System auf das zerstörungsfreie Öffnen bzw. nachträgliche Schließen gekippter Fenster spezialisiert.
Portable, rasch aufstellbare Lichtmasten wurden von der Ipurser GmbH (ipurser.com ) vorgestellt. Wärmebildferngläser, mit denen unter anderem Glutnester entdeckt werden können, präsentierte die GTML Global Trading Marketing Logistics GmbH (www.gtml.at ). Mobile Toilettenmodule wurden von der aquanesa solution GmbH (lavese.de ) angeboten.

Tauchdrohne: Der Unterwasserroboter wird über eine Kabelverbindung gesteuert
Tauchdrohne: Der Unterwasserroboter wird über eine Kabelverbindung gesteuert © Kurt Hickisch

Bei den Vorführungen am Freigelände stellte unter anderem die Rettungshundebrigade den Einsatz von Suchhunden vor. Die Fire Go GmbH (firego.de ) zeigte bei einem Brand am Ventil eines Gastanks das Löschen von Bränden. Weiters war ein Container zu einem Brandraum umgebaut, um in diesem verschiedene Brandeffekte und das Löschen von Bränden zu demonstrieren.
Dem in der Praxis, etwa beim Hochwasser in Kufstein am 18. Juli 2021, bereits erprobten mobilen Hochwasserschutz NOAQ der Firma Grampelhuber (grampelhuber.at ) liegt die Idee zugrunde, Starkregen oder Hochwasser möglichst rasch abzuleiten, noch bevor das Wasser beispielsweise in Kellerräume eindringen kann. Diese Ableitung erfolgt über Rinnen, die durch zwei Reihen aneinander gereihter rechtwinkeliger Bauelemente gebildet werden. Der Abstand der Reihen richtet sich nach der Durchflussmenge. Die Verankerung und Stabilisierung erfolgt, wie sinngemäß auch bei Buchstützen, durch das Gewicht des ansteigenden Wassers. Es können auch Kurven ausgebildet werden. Die einzelnen Elemente, die für Stauhöhen von 50 und 100 cm konzipiert sind, können platzsparend übereinander gestapelt werden.
Die nächste „Retter“-Messe wird vom 18. bis 20. September 2025 wiederum in Wels stattfinden.

Kurt Hickisch


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 11-12/2023

Druckversion des Artikels (PDF 898 kB)