Porträt

Die Entdeckung des Traumjobs

Sie macht das, was zwar interessant ist, was abwechslungsreich ist, aber von wenigen wahrgenommen wird. Dabei geht ohne sie gar nichts. Die Geschichte von Lisa Unterberger beginnt beim Zauber der Musik und setzt sich als Videoredakteurin in der Welt des Innenministeriums fort.

Lisa Unterberger wird zu einem Drehort auf einer Skipiste in Flachau gefahren. Unterberger bei einem ihrer ersten Drehtermine im Dezember 2020: Die Präsentation der „3D Laser-Tatortdokumentation“
Lisa Unterberger wird zu einem Drehort auf einer Skipiste in Flachau gefahren. Unterberger bei einem ihrer ersten Drehtermine im Dezember 2020: Die Präsentation der „3D Laser-Tatortdokumentation“ © Gerd Pachauer

Jänner in Flachau, Salzburg, eine pure Winterlandschaft mit wenigen Wolken am Himmel, mit Schneeflocken, die durch die Luft wirbeln, mit Skifahrern, die schnelle Schwünge im Pulverschnee der steilen Hänge ziehen. Eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch, und für einen Tag der Arbeitsplatz von Lisa Unterberger, einer Video-Redakteurin aus dem Innenministerium. Ihr Auftrag: Auf dem Rücksitz eines Schneemobils zu einem Drehort am Berg hochfahren und Rekrutierungs-Videos drehen.
Lisa Unterberger beschreibt dieses Erlebnis in der Reportage „Starke Teams mit starkem Job“ auf der Homepage des Innenministeriums. Sie erzählt: „Es waren aufregende Tage in Salzburg, die Video-Drehs und Interviews oft auch anstrengend. Wir mussten das ganze Equipment die Berge rauf- und runterschleppen, weil Szenen wiederholt werden mussten, es verschiedene Drehorte gab, viele Gespräche, lange Drehtage, aber es war immer interessant und spannend.“ Spannend ist auch die Geschichte von Unterberger, und interessant, wie sie die Welt des Innenministeriums für sich entdeckte.

Popsängerin, das wäre was.

Musik zählt zu den großen Leidenschaften von Lisa Unterberger
Musik zählt zu den großen Leiden-
schaften von Lisa Unterberger © Gerd
Pachauer

Der Kreativität freien Lauf lassen, das wollte sie schon als kleines Kind. Ohne irgendwelche Grenzen. Im Piaristengymnasium war sie Mitglied der Theatergruppe. Im Oberstufen-Realgymnasium wählte sie den musisch-kreativen Zweig mit Klavier als Hauptfach und Vokal und Chor als Freifächer. Sie brachte ihre erste Musiklehrerin mit „Chim Chim Cheree“ aus dem Musical Mary Poppins zur Verzweiflung – weil sie das Lied ständig zum Besten gab. Der Evergreen „Blue Moon“, besonders in der Version der Marcels, einer amerikanischen Vokalgruppe, war einer ihrer Lieblingssongs, den sie heute bei Gelegenheit performt. „Aber nur mehr in der Badewanne“, sagt sie. Jazz, Musicals oder 70er-Pop, das gefällt ihr. Unterberger erzählt: „Als Kind wollte ich Popsängerin werden, das hat sich mit der Oberstufe geändert, da wollte ich dann Journalistin werden, aber der Gedanke zu singen, ist bis heute geblieben.“ Als Kind nahm sie Gesangsstunden. Sie war Ensemble- und Chormitglied und trat als Solistin bei Konzerten auf.
Auch während sie Medienmanagement an der Fachhochschule St. Pölten studierte, nahm sie Gesangsstunden. Sie sagt: „Singen sorgt für mein inneres Gleichgewicht, ich liebe es zu singen.“ Während des Studiums moderierte und gestaltete sie Livesendungen am kleinen Campus-Radio. Praktika machte sie bei Radio Niederösterreich, Ö1 und Ö3 und in der Öffentlichkeitsarbeit der Landespolizeidirektion Niederösterreich. Ihre Bachelorarbeit schrieb sie über die Zusammenarbeit von Medien und Polizei im Umgang mit Informationen über Täter, statt über Disney-Prinzessinnen, wie sie ursprünglich wollte. Unterberger sagt: „Mich hat die Darstellung von Frauen in Kinderfilmen im Lauf der Zeit immer mehr fasziniert. Das wollte ich genauer untersuchen.“ Der Dozent, der ihre Arbeit betreute, fand das Thema allerdings „ausgelutscht“.

Disney-Prinzessinnen doch nicht.

„Nach dem Studium habe ich begonnen, mir einen Job zu suchen, und weil ich genug Zeit hatte, habe ich mich für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien inskribiert. Dann ist die Corona-Pandemie ausgebrochen.“ Und alle interessanten Stellenausschreibungen seien aufgrund der ungewohnten Situation uninteressant geworden, sagt sie. „Meine Eltern haben zu der Zeit gedacht, ich werde irgendeine durchgedrehte Künstlerin, die nie ihr eigenes Geld verdienen wird, weil ich mich auch immer in die kreativen Fächer reingestürzt und nach jeder Rechnungswesen-Vorlesung überlegt habe, das Studium abzubrechen.“
Das Praktikum in der Landespolizeidirektion Niederösterreich brachte sie auf die Idee, sich im Innenministerium zu bewerben, „weil zufällig auch gerade eine Video-Redakteurin gesucht wurde.“ Sie wurde zu einem Vorstellungstermin eingeladen, „und glücklicherweise genommen.“

„Da ist mir das Herz in die Hose gerutscht.“

Ihren ersten Arbeitstag im Innenministerium wird Unterberger nicht vergessen, aus zwei Gründen. „Ich habe tagsüber gleich einen Ministertermin gehabt, habe ein Interview mit dem damaligen Innenminister Karl Nehammer aufzeichnen müssen – puh, habe ich gedacht, erster Arbeitstag und dann gleich der Innenminister vor der Linse, war ich nervös.“ Und am Abend, es war der 2. November 2020, da passierte der Terroranschlag in Wien. „Das hat dann erst recht gesessen, da ist mir gleich mal das Herz in die Hose gerutscht.“

Die Arbeit von Video-Redakteuren ist interessant und abwechslungsreich, obwohl sie von vielen oft nicht richtig wahrgenommen wird, weil sich ja das Interessante vor der Kamera abspielt. Dabei geht ohne sie gar nichts. Unterberger sagt: „Es gibt viel zu tun bei einer Produktion: Wir bereiten die Arbeiten vor, machen den Dreh und produzieren zu Ende – im Groben gesehen.“
Es müsse ein Konzept besprochen, ein Drehbuch geplant werden. Es müsse vor dem Dreh über Szenen, Einstellungen, Führung der Kamera, Gestaltung des Lichts geredet werden. „Welches Outfit tragen die Protagonisten? Und ganz besonders müssen wir darauf achten, dass Polizisten die Vorschriften der Uniformierung einhalten. Und darauf, dass die Darsteller vor der Kamera nicht schwitzen.“

„Ich habe meinen Traumjob gefunden.“

Weitere Fragen, die nach Antworten suchen. „Drehorte müssen gecheckt werden, ein Bild vor Ort sagt mehr als hundert Google-Fotos.“ Es müsse das passende Equipment gepackt, die Fahrt organisiert und der Aufbau kontrolliert werden. Erst dann komme das Filmen: „Szenen wiederholen, Menschen interviewen, Perspektiven wechseln, Licht anpassen, Besprechungen, weil wieder mal etwas Unvorhergesehenes den Dreh auf den Kopf gestellt hat – aber selbst da muss der Zeitplan eingehalten werden.“
Eine bunte Vielfalt gegen Arbeitslangeweile, bei der Flexibilität und Spontaneität gefragt seien. Dann finde die Endfertigung statt: „Die Post-Produktion beinhaltet das Schneiden des Filmmaterials, das Anpassen der Farbe und das Hinterlegen mit Musik und Sound.“ Lisa Unterberger schließt ab: „Ja, ich habe meinen Traumjob gefunden.“

Reinhard Georg Leprich


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2024

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