Bayerischer Sicherheitstag 2023

Neue Herausforderungen

Beim 9. Bayerischen Sicherheitstag in München wurden Fragen zur Sicherheit beim Betrieb von Drohnen in Unternehmen, bei Veranstaltungen sowie Gefahren für Unternehmen erörtert und diskutiert.

Drohnen im Einsatz von Polizei und privaten Sicherheitsunternehmen: enger (verfassungs-)rechtlicher Rahmen
Drohnen im Einsatz von Polizei und privaten Sicherheits-
unternehmen: enger (verfassungs-)rechtlicher Rahmen
© Gerd Pachauer

In der Unternehmenssicherheit spielen Drohnen (ULS, unbemannte Luftsysteme, bzw. UAS, Unmannend Aerial-Systems) eine immer wichtigere Rolle, die sich in das Gesamtsystem der Luftfahrt einfügen muss. Jan Dirks vom deutschen Bundesministerium für Verkehr und Digitales zeigte die auch für den österreichischen Rechtsbereich maßgebenden europarechtlichen Bestimmungen auf, nämlich die Verordnung (EU) 2018/1139 (Basic Regulation) und die DurchführungsVO (EU) 2019/947 (Vorgaben zum Betrieb). Die delegierte Verordnung (EU) 2019/945 enthält Bauvorschriften, die Bereitstellung der Erzeugnisse und die UAS aus Drittländern. Den Rechtsrahmen für die Einrichtung von U-Spaces regelt die DurchführungsVO (EU) 2021/664.
Bei U-Spaces handelt es sich um geografisch abgegrenzte (Ballungs-)Gebiete, in denen ein Betrieb von Drohnen nur über einen U-Space-Provider erfolgen darf, der als Schnittstelle zwischen bemannter und unbemannter Luftfahrt agiert. Legistisch wird in Deutschland an der Einrichtung derartiger Zonen gearbeitet. Mit einer Advanced Air-Mobility-Strategie (AAM) wird das Ziel verfolgt, das hohe wirtschaftliche Potenzial der unbemannten Luftfahrt (2022: 804 Mio Euro, 2025: 1,6 Milliarden) zu heben und bei höchsten Sicherheitsstandards die automatisierte Luftfahrt in die Praxis zu bringen – etwa, um laute Hubschrauber durch elektrisch betriebene, senkrecht startende und landende Fluggeräte (eVTOLs) zu ersetzen sowie den Straßenverkehr zu entlasten. Auf diesem Gebiet sei Deutschland technologisch führend, betonte der Referent, der den Markt für privat betriebene Drohnen derzeit als gesättigt bezeichnete, wogegen der für kommerziellen Betrieb große Wachstumsraten aufweise.
Den Rechtsrahmen für den Einsatz von Drohnen durch die Polizei und private Sicherheitsunternehmen, etwa bei der Suche nach Personen/Sachen, der Geländeaufklärung oder der Überwachung von Gebäuden und Flächen, erläuterte Tim Holzki. Neben den schon angeführten europarechtlichen Bestimmungen verwies er auf die RL (EU) 2016/680, die Datenverarbeitungsmaßnahmen durch Drohneneinsatz mit Foto- oder Videokamera betrifft und sowohl präventive als auch repressive Einsätze umfasst (Art. 1 Abs. 1).
In weiterer Folge ist auf die Wahrung verfassungsgesetzlich geschützter Persönlichkeitsrechte zu achten, wie etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Freiheit, an Versammlungen teilzunehmen, könnte durch das Gefühl, einer Überwachung durch Drohnen ausgesetzt zu sein, beeinträchtigt werden. Das Hausrecht sowie Rechte von Liegenschaftseignern müssen beim Überfliegen von Liegenschaften beachtet werden. Nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Interessen des Verarbeiters und des Betroffenen gegeneinander abzuwägen (Art. 6 Abs. 1), wobei die Mitteilungspflicht nach Art. 13 Abs. 1 in der Praxis eine besondere Herausforderung darstellt. Nach der DSGVO drohen hohe Strafen (Art. 83 Abs. 5b).
Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr oder Gefährdungen dieser Verkehrsarten ziehen strafrechtliche Folgen nach sich. Die Komplexität wird sich durch die Einbindung künstlicher Intelligenz und Autonomisierung weiter steigern, so der Referent, und es werde ein rechtes Maß zwischen Detailtiefe und der Handhabbarkeit der Regelungen für den Rechtsanwender sowohl auf den nationalen als auch auf der europarechtlichen Ebene gefunden werden müssen.

Drohne/Hubschrauber.

Erste Erfahrungen mit dem polizeilichen Einsatz von Drohnen wurden 2015 beim G7-Gipfeltreffen in Elmau gemacht, als es um die Absicherung des Geländes ging, berichtete Polizeirat Michael Sachs, Leiter der Außenstelle Roth der Hubschrauberstaffel Bayern. Aufgrund der rechtlichen Regelung hinsichtlich des Datenschutzes bei Videoaufnahmen durch eine Ausnahmebestimmung im bayerischen Polizei-Aufgabengesetz (PAG) werden seit 2021 Drohnen zu polizeilichen Zwecken verwendet. Sie stellen keinen Ersatz, sondern eine Ergänzung für die Hubschrauber dar, die insbesondere bei der Bergung von Menschen unentbehrlich sind. Drohnen sind allerdings kostengünstiger bei der Vermisstensuche, der Dokumentation von Unfällen und bei Fahndungen, der Überwachung von Anlagen und von Veranstaltungen. Künftige Anwendungsfälle könnten der autonome oder ferngesteuerte Grenzschutz sein.

Die Grundausbildung von polizeilichen Drohnenpiloten erfolgt in einem fünftägigen Seminar (Voraussetzungen Kompetenznachweis A1/A3; „Drohnenführerschein“) und berechtigt für fünf Jahre zu VLOS-Flügen (Visual Line of Sight; mit direktem Sichtkontakt) bis zu 100 m Höhe. Nach Absolvierung eines ebenfalls fünftägigen Aufbaulehrgangs wird die Berechtigung zu Flügen ohne Sichtverbindung (BVLOS; Beyond Visual Line of Sight) und zu uneingeschränktem Nachtflug erteilt, bis zur maximalen Flughöhe von 300 m. Der Supporter, der den Piloten bei der Luftraumbeobachtung unterstützt und für die Kommunikation sorgt, muss den Kompetenznachweis A1/A3 erfüllen und erhält eine Online-Schulung.
Die Detektion von Drohnen erfolgt durch die von ihnen ausgesendeten elektronischen Signale, die auch die Grundlage für die automatisiert ablaufende Verifikation bildet.

Sicherheit von Veranstaltungen.

Bayerischer Sicherheitstag: Referenten Jan Dirks, Jella Meer, Mark Knoppe und Polizeipräsident Thomas Hampel
Bayerischer Sicherheitstag: Referenten
Jan Dirks, Jella Meer, Mark Knoppe und
Polizeipräsident Thomas Hampel © Kurt
Hickisch

In München finden zahlreiche Großveranstaltungen statt, vom Oktoberfest über Rockkonzerte bis zur hochpolitischen Sicherheitskonferenz. Das hänge wohl auch damit zusammen, dass München eine der sichersten Großstädte Deutschlands sei, sagte Münchens Polizeipräsident Thomas Hampel bei einer Podiumsdiskussion. Das mache die Stadt für die Eventbranche interessant. 2022 fanden über 2.500 Veranstaltungen statt; diese Zahl habe man heuer schon erreicht. Für die Sicherheit bei Veranstaltungen müsse in erster Linie der Veranstalter durch Ordnungsdienste Sorge tragen; das Bewachungsgewerbe müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Polizei über Veranstaltungen hinaus ihre Kernaufgabe, den Schutz der Bürger, nicht vernachlässigen dürfe. Angesichts der Schwierigkeiten, geeignetes Personal für Bewachungsdienste zu finden, wurde vom Vertreter dieser Branche eingewendet, dass zu differenzieren sei, ob jemand als Parkplatzanweiser oder Kartenabreißer eingesetzt werde, Ordneraufgaben erfülle oder Sicherheitsdienste leiste. Das Personal müsse auch mit dem Publikum kommunizieren können. Bei den Sicherheitskonzepten werde mit der Polizei zusammengearbeitet.

Insider Threat.

Für ein Unternehmen, das Banknoten herstellt sowie die dafür notwendigen Maschinen und Anlagen weltweit verkauft, ist das Vertrauen der Kunden besonders wichtig. Jella Meer, Chief Compliance & Human Rights Officer bei G+D Currency Technology, berichtete aus ihrer praktischen Betriebserfahrung. Es gehe nicht nur um die Einhaltung von Compliance-Regeln, auch Backgroundchecks müssten durchgeführt werden. Abgeschlossene Vorfälle könnten nach Jahren zu Erpressungsversuchen führen. Andererseits könnten sich Mitarbeiter während ihres Arbeitsverhältnisses radikalisieren, wodurch das Vertrauen der Geschäftspartner beeinträchtigt werden könnte.

Unternehmenssicherheit.

„Neue Gefahren und Herausforderungen verändern Gesellschaft und Wirtschaft“, stellte Marc Knoppe von der Technischen Hochschule Ingolstadt fest. Die künftigen Aufgaben der Unternehmenssicherheit würden in einer neuen und langfristigen Bewertung von akuten Bedrohungen, Gefahren, Risiken und Verwundbarkeiten von Wirtschaft und Gesellschaft im Unternehmenskontext liegen. Trends müssten frühzeitig erkannt und neue Strategien im Umgang mit Risiken und Unsicherheit entwickelt werden. Unternehmenssicherheit dürfe in einer volatilen Gesellschaft nicht als Aufrechterhaltung eines Zustands, sondern müsse als dynamischer Prozess gesehen werden, durch den Krisen, Katastrophen, Disruptionen bewältigt werden und dadurch zum Geschäftserfolg beitragen. Die Systeme müssten prozesshaft verstanden und Unsicherheiten auch als Chance begriffen werden – dynamische Resilienz statt statischer Sicherheit. Die bisherige Funktion Unternehmenssicherheit müsse sich zu einem „Resilienz-Center“ und „Thinktank“ wandeln.

Ganzkörper-Scanner: berührungsloses Erkennen verdächtiger Gegenstände an einer durch den Scanner gehenden Person
Ganzkörper-Scanner: berührungsloses Erkennen verdächtiger Gegenstände an einer durch den Scanner gehenden Person © Kurt Hickisch

Rechtsextremismus.

Holger Hron von der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE; bige.bayern.de ) berichtete über aktuelle Entwicklungen beim Rechtsextremismus in Deutschland. Kennzeichnend für diesen sei die Vorstellung von Ungleichheit, die sich in Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit äußere. Derzeit versuchten Rechtsextremisten in aktuellen gesellschaftlichen Debatten (Ukraine-Krieg, Inflation) mitzumischen. Dabei werde auf Verschwörungstheorien zurückgegriffen – „nichts ist so, wie es scheint“. Migrationsströme („the great replacement“) würden von Eliten gesteuert; der Nahostkrieg solle den Weg nach Europa freimachen. Man befinde sich in einer Notwehrsituation. Derartiges Gedankengut habe sich am 15. März 2019 beim Moscheen-Massaker in Christ Church, Neuseeland, manifestiert. Bei diesem Attentat wurden 51 Menschen getötet und Dutzende weitere zum Teil schwer verletzt.

Aussteller.

Rohde&Schwarz präsentierte den Ganzkörperscanner R&S QPS Walk2000, der im Betrieb getestet werden konnte. Das Gerät ermöglicht als Neuheit das berührungslose Erkennen verdächtiger Gegenstände an einer Person, während sich diese in normaler Schrittgeschwindigkeit durch den Scanner bewegt. Detektierbar sind alle Arten von Metallen, Gele, Flüssigkeiten, Keramiken. Verdächtige Objekte werden erkannt. Ein Ablegen von Kleidung ist nicht erforderlich. Auf einem Monitor wird nach dem Passieren der Schleuse auf einem geschlechtsneutralen Avatar in Vorder- und Rückansicht angezeigt, wo am Körper des die Schleuse Passierenden sich verdächtige Gegenstände befinden. Die Abtastung des Körpers im 360-Grad-Bereich erfolgt durch nicht ionisierende Radiowellen.
Die Hochschule Deggendorf bietet, in Kooperation mit dem BVSW und der Bayerischen Polizei, den Bachelor-Studiengang Sicherheitsmanagement an (th-deg.de/weiterbildung ).

Der 9. Bayerische Sicherheitstag (bayerischer-sicherheitstag.com ), veranstaltet vom Bayerischen Verband für Sicherheit in der Wirtschaft e.V (BVSW; bvsw.de ) und dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft e.V. (BDSW; bdsw.de ), fand am 18. Oktober 2023 in München mit 115 Teilnehmern statt. Die beiden Branchenverbände repräsentieren den privaten Sicherheitsbereich in Deutschland. Zielsetzung des BVSW ist es, die bayerische Wirtschaft in allen Sicherheitsfragen zu unterstützen, um sie vor Schaden zu bewahren. Der BDSW vertritt als Wirtschafts- und Arbeitgeberverband die Interessen der Sicherheitswirtschaft, vornehmlich jener der Sicherheitsdienstleister, gegenüber Politik und Behörden. Der Umsatz der Sicherheitswirtschaft in Deutschland hat nach Schätzungen im Jahr 2022 11,1 Milliarden Euro betragen. Die Sicherheitsunternehmen beschäftigen rund 270.000 Mitarbeiter, vor allem in den Bereichen Bewachungsdienste (Objekt- und Werkschutz) sowie Ordnerdienste bei Veranstaltungen. Dem BDSW gehören rund 1.000 Unternehmen an.

Kurt Hickisch


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 1-2/2024

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