Bundeskriminalamt

Zentrale Anfragestelle

Im Bundeskriminalamt gibt es seit März 2020 die „Zentrale Anfragestelle für Social-Media-Plattformen und Online-Service-Provider“, um Accountanfragen für Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter zu vereinheitlichen sowie zu erleichtern.

Anfragen an Social-Media-Plattformen und Online-Service-Provider werden für polizeiliche Ermittlungen immer öfter notwendig
Anfragen an Social-Media-Plattformen und Online-Service-
Provider werden für polizeiliche Ermittlungen immer öfter
notwendig © adobestock.com

Die Zahl der Ermittlungsansätze bei Strafrechtsdelikten, bei denen Anfragen an Social-Media-Plattformen und Online-Service-Provider notwendig sind, steigt an. Aufgrund der verschiedenen Anforderungen bei den unterschiedlichen Diensteanbietern erschien es notwendig, eine zentrale Anfragestelle einzurichten, die die notwendige Vorgangsweise erarbeitet. Das daraus resultierende Wissen sowie Arbeitsbehelfe werden den Polizistinnen und Polizisten bundesweit zur Verfügung stellt, damit diese zu einem möglichst positiven Ergebnis ihrer Anfragen gelangen.

Die Grundsteinlegung der „Zentralen Anfragestelle für Social-Media-Plattformen und Online-Service-Provider“ (ZASP) erfolgte im März 2020 durch zwei Mitarbeiterinnen des Büros BK 5.2 C4 (Cybercrime-Competence-Center) die in ihrer langjährigen Arbeit im Kriminaldienst selbst häufig mit Anfragen an die verschiedenen Diensteanbieter konfrontiert waren. Diese Anfragen führten oft aufgrund falscher oder fehlender Formerfordernisse oder wegen Missverständnissen der rechtlichen Rahmenbedingungen bei einzelnen Diensteanbietern zu keinem Erfolg.
Um bei den Accountanfragen ein positives Ergebnis zu bekommen, sind die Erfüllung der Formerfordernisse erforderlich. Ohne einen gültigen Identifier (eindeutige ID des betreffenden Accounts) kann beispielsweise keine Anfrage eingereicht werden. Die Rechtsgrundlage, Tatzeitraum, Anfragezeitraum, Anfragegrundlage, der genaue Sachverhalt und die Signatur sind ebenso wesentlich. Die ZASP-Mitarbeiter prüfen die Qualität der Anfrageergebnisse und leiten sie an die anfragende Dienststelle mit dem Vermerk auf allfällig weitere Spuren zurück.

Bei den meisten Account anfragen 2023 handelte es sich um Internetbetrugsdelikte
Bei den meisten Accountanfragen 2023 handelte es sich um
Internetbetrugsdelikte © Bundeskriminalamt

Die ZASP-Mitarbeiter kümmern sich um Notfallanfragen bei einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben oder bei Gefahr im Verzug (z. B. Kindesmissbrauch, Terrorismus, Amok­drohung, Bombendrohung) im Sinne des Sicherheitspolizeigesetzes und helfen bei den nachfolgenden Internetermittlungen in den sozialen Medien. Oft ermitteln ZASP-Mitarbeiter auch selbst angefragte Accounts.
„Dass sich viele Deliktsbereiche oder zahlreiche Ermittlungsansätze ins Internet verlagern, war bereits vor Jahren zu bemerken. Als Ermittler sollte man sich aber nicht vor der wachsenden Digitalisierung verstecken, sondern versuchen, an Daten von Diensteanbietern für Ermittlungen zu gelangen“, sagt Sabrina Kobald vom Büro BK 5.2 C4. „Dies gestaltete sich in der Vergangenheit oft schwierig und führte zu keinem Ergebnis. Damals, im Jahr 2016, wünschte ich mir selbst bereits eine zentrale Anfragestelle oder Kontaktperson, die ich um Hilfe bei derartigen Anfragen hätte bitten können, um an ein positives Ergebnis für meine weiteren Ermittlungen zu gelangen.“ Die Mitarbeiterinnen des Bundeskriminalamts kümmerten sich darum, im BK eine derartige Stelle einzurichten. Sie waren bei der Einrichtung einer vergleichbaren Zentralstelle in Tschechien mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen in Kontakt. Eine vergleichbare zentrale Anfragestelle bei der Polizei gibt es auch in Spanien.
Bei der Gründung im März 2020 wurde der Fokus zunächst darauf gelegt, die Fehlerquellen bei Anfragen an die verschiedenen Diensteanbieter sowohl formell als auch rechtlich herauszufiltern und eine Vorgangsweise zu entwickeln, die rechtlich korrekt und auf die Richtlinien der Diensteanbieter abgestimmt ist. Nach einigen Treffen mit den Diensteanbietern folgte die Erstellung von Prozessvorgaben und Arbeitsabläufen. Im September 2020 wurde der Probebetrieb in drei Bundesländern für drei große Diensteanbieter eingerichtet.
„Der Beginn der ZASP auf Basis eines Probebetriebs war unerlässlich, da wir zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Erfahrungswerte über die Anzahl der Anfragen sowie die Dauer des Ablaufs hatten und die ZASP aus vorerst nur zwei Sachbearbeiterinnen bestand.

Das Ziel der ZASP war, an positive Anfrage-Ergebnisse der Diensteanbieter zu gelangen, die oft auch weitere Hinweise enthalten, die den weiteren Ermittlungen dienlich sind. Unser weiteres Anliegen war, die Ergebnisse der Anfragen schnellstmöglich zu erhalten und auch keinen Rückstand der Anfragen aufkommen zu lassen, da beide Faktoren immer zu einer Verzögerung bei den Ermittlungen für die Kolleginnen und Kollegen führen“, berichtet Kobald. Mittlerweile befindet sich die ZASP im Vollbetrieb für alle Bundesländer und es können Anfragen an Meta, Microsoft und TikTok direkt darüber abgewickelt werden. Das Team der ZASP besteht derzeit aus 6 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

ZASP: In 80 Prozent der Accountan - fragen gelingt es, die Accountinhaber auszuforschen
ZASP: In 80 Prozent der Accountanfragen gelingt es, die
Accountinhaber auszuforschen © adobestock.com

Zahl der Anfragen steigt.

Nach dem Start 2020 bearbeiteten die ZASP-Mitarbeiter 67 Accountanfragen, 2022 waren es 2.549, 2023 über 4.800. Bei den meisten Accountanfragen 2023 handelte es sich um Internetbetrugsdelikte, gefolgt von Erpressungsdelikten wie „Sextortion“ und andere. Cybercrime-Delikte im engeren Sinn, wie etwa ein widerrechtlicher Zugriff auf ein Computersystem bei gehackten Accounts, standen 2023 an dritter Stelle. Im Mai und November 2023 konnten mit Hilfe von ZASP-Anfragen zwei Amokdrohungen an einer Wiener und Vorarlberger Schule geklärt werden.
Weiters wurden nach ZASP-Anfragen einige Vergewaltigungen und Körperverletzungen geklärt. In 80 Prozent der Accountanfragen werden die Accountinhaber ausgeforscht. Vor der Inbetriebnahme der ZASP 2020 waren es 57 Prozent.
Bei Anfragen an Meta (Facebook, Instagram WhatsApp) wurde im zweiten Halbjahr 2022 eine Erfolgsquote von 86 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 von 88 Prozent erzielt. Beim Jahresvergleich zum zweiten Halbjahr 2019 lag diese Rate bei 49 Prozent.
„Österreich wird von Meta als positives Beispiel einer erfolgreich eingerichteten zentralen Anfragestelle gesehen. Viele der Diensteanbieter wünschen sich eine zentrale Anfragestelle in den einzelnen Ländern, da für sie der Kontakt zu einer einzigen Dienststelle einfacher und effektiver ist, als sich mit unterschiedlichen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern auseinandersetzen zu müssen“, berichtet Kobald. Die Entwicklung der ZASP ist noch nicht abgeschlossen, da Jahr für Jahr weitere Diensteanbieter angebunden werden sollen und die Zahl der Anfragen ständig steigt. Abhängig ist diese Entwicklung allerdings auch von der Kooperationsbereitschaft der Diensteanbieter sowie der Personalsituation.

S. K.


Öffentliche Sicherheit, Ausgabe 3-4/2024

Druckversion des Artikels (PDF 297 kB)