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APA-Interview mit Wahl-Leiter Gregor Wenda: Viele Neuerungen bei der EU-Wahl

Die Europawahl am 9. Juni 2024 bringt eine Reihe an Neuerungen mit sich, wie Abteilungsleiter Gregor Wenda im APA-Interview erzählte. So kann man aufgrund der Wahlrechtsreform 2023 die Wahlkarte gleich bei der Abholung am Gemeindeamt zur Briefwahl nützen und wieder abgeben.

Gregor Wenda, Leiter der Abteilung für Wahlangelegenheiten im Bundesministerium für Inneres, gab der "Austria Presse Agentur" (APA) Mitte April 2024 zu den Änderungen im Wahlrecht und der bevorstehenden Europawahl ein ausführliches Interview. Es ist für ihn die erste bundesweite Wahl seit seiner Ernennung im Mai 2023 zum Leiter der Wahlabteilung, deren stellvertretender Leiter er seit 2005 war.

"Vieles bei der kommenden Europawahl ist nicht anders, wie es Wählerinnen und Wähler von der Bundespräsidentenwahl 2022 oder den Wahlereignissen 2019 in Erinnerung haben", sagte er. "Das typische Wahlereignis findet im Wahllokal statt." Wer am Wahltag wählen gehen möchte, kann wie üblich in seinem Wahllokal die Stimme abgeben.

"Wenn ich allerdings nicht am Hauptwohnsitz bin, nicht in meinem Sprengelwahllokal bin und die Stimme abgeben möchte, kann ich eine Wahlkarte beantragen", wies Wenda auf die seit 2007 bestehende Möglichkeit der Stimmabgabe mittels zu beantragender Wahlkarte hin. "Man kann damit entweder in ein anderes Wahllokal gehen, vor einer fliegenden Wahlbehörde wählen oder auch die Briefwahl machen."

"Vorwahltag" mit Wahlkarte

Neu ist seit Jänner dieses Jahres die mit dem Wahlrechtsreformpaket 2023 geschaffene Möglichkeit, die Wahlkarte quasi für einen "Vorwahltag" zu nutzen: Wer sich die Wahlkarte nicht postalisch zusenden lässt, sondern zur Abholung persönlich auf die Gemeinde oder das Magistrat geht, kann die Wahlkarte vor Ort sofort zum Wählen nutzen. An einigen Magistratsämtern war das bisher schon möglich, bei dieser Wahl nun erstmals an allen. "Das heißt, dort sind Örtlichkeiten vorgesehen, wo ich das in einer Wahlkabine, in einem Raum selbstständig machen kann. Und das ist das, was der Gesetzgeber sozusagen als Vorwahltag bezeichnet hat", sagte Wenda.

Die Beantragung der Wahlkarten ist über mehrere Wege möglich. "Es kann schriftlich erfolgen, wobei schriftlich ein E-Mail sein kann, eine Antragskarte oder über ein Onlineportal." Möglich ist die Beantragung auch über die App "Digitales Amt", wofür die digitale Signatur "ID Austria" Voraussetzung ist. "Sie können allerdings auch noch altmodisch ein Fax oder einen Brief schicken", sagte Wenda. "Dazu kommt die vorher besprochene persönliche Beantragung: Das heißt, ich komme selber in die Gemeinde, die sie ausstellt, und kann sie dort entweder sofort zur Briefwahl verwenden oder einfach mitnehmen und dann später verwenden."

Möglich sind Online-Anträge etwa über das Webportal oesterreich.gv.at (ebenfalls in Verbindung mit der ID Austria), in vielen Fällen kann man auch das Portal www.wahlkartenantrag.at nutzen, sofern die Heimatgemeinde an diesem Service teilnimmt. Hierbei ist eine ID Austria keine Voraussetzung. Die Frist für die schriftliche Beantragung endet am 5. Juni 2024 in der Nacht. Persönlich können Anträge für eine Wahlkarte bei der Gemeinde bis 7. Juni 2024 um 12 Uhr gestellt werden.

Wahlkarten bereits am Wahlabend auszählen

Neu ist auch, dass fast alle Wahlkarten bereits am Wahlabend selbst ausgezählt werden. Denn mit dem neuen Gesetz habe es auch eine Reform der Briefwahllogistik und des Briefwahlsystems gegeben, sagte Wenda: "Hier steht im Zentrum, dass das Gros der Briefwahlkarten bereits am Sonntag ausgezählt, also ausgewertet werden soll." Früher wurden bei Europawahlen alle Briefwahl-Wahlkarten am Montag nach der Wahl bei der Bezirkswahlbehörde ausgezählt. Bei der kommenden Europawahl wird hingegen erstmals ein Gutteil der Briefwahl-Wahlkarten gleich mit den örtlich abgegebenen Stimmen zur Auszählung kommen. "Das heißt, es wird am Wahlsonntag ein relativ präzises Ergebnis geben und ein wahrscheinlich relativ großer Teil der Briefwahlstimmen wird in dieses Lokalergebnis am Sonntag gleich mit einfließen. Das ist eine der ganz großen Änderungen dieses Jahres."

Wie viele der Wahlkartenstimmen schon am Sonntag mitausgezählt werden, lasse sich aber mangels Erfahrungswerten nicht genau voraussagen. Für die Auszählung am Montag übrig bleiben jene Wahlkarten, die zwischen Freitagnachmittag, 7. Juni 2024, und Sonntag, 9. Juni 2024, bis 17 Uhr, bei der Bezirkswahlbehörde einlangen, darunter voraussichtlich viele Wahlkarten aus dem Ausland. Außerdem Wahlkarten, die noch am Samstag, 8. Juni 2024, bis um 9 Uhr früh in einen Briefkasten eingeworfen werden. Auch jene Wahlkarten, die zur Briefwahl verwendet wurden, aber nicht per Post aufgegeben werden, sondern am Sonntag direkt in einem Wahllokal abgegeben werden, werden erst später ausgezählt.

Veröffentlichung des EU-Wahl-Ergebnisses voraussichtlich um 23 Uhr

Wenda wies im APA-Gespräch auch auf eine Besonderheit der EU-Wahl hin, nämlich die lange Sperrfrist zur Veröffentlichung der Wahlergebnisse. Zwar schließen in Österreich die Wahllokale spätestens um 17 Uhr, das ist bei allen bundesweiten Wahlen so. "Allerdings ist bei der Europawahl einzigartig, dass es eben ein Wahlereignis ist, das in 27 Mitgliedsstaaten stattfindet." Auch verwies er darauf, dass europaweit an unterschiedlichen Tagen gewählt wird (zwischen dem 6. und dem 9. Juni). Das amtliche Ergebnis könne durch europarechtliche Vorgaben erst dann verkündet werden, "wenn das letzte Wahllokal im Bereich der EU geschlossen hat". "Das wird nach uns derzeit vorliegenden Informationen um 23 Uhr Italien sein." Letztlich ist es eine Entscheidung der Bundeswahlbehörde, wann diese Veröffentlichung stattfindet, er gehe aber davon aus, dass es in Richtung 23 Uhr gehen wird.

Verbesserungen gibt es dank der Reform auch für Menschen mit Behinderungen. "Erstmals sind verpflichtend barrierefreie Wahllokale vorgesehen. Es gibt Informationen in leicht lesbarer Sprache für Menschen mit Behinderungen. Die Wahlkarte ist deutlich vereinfacht worden in ihrem Layout", sagte Wenda. Und für Menschen, die blind oder sehbehindert sind, "gibt es erstmals auch eine Schablone für die Wahlkarte mit einer Braille-Aufschrift".

"Tracking" der Wahlkarte

Neu gestaltet ist auch die sogenannte Hauskundmachung. "Wählerinnen und Wähler können jetzt selbst nachschauen im Wählerverzeichnis beziehungsweise in der Europa-Wählerevidenz. Das Einzige, was sie brauchen, ist eine ID-Austria. Man kann mit demselben Zugriff auch schauen – sofern eine Wahlkarte beantragt worden ist – ob diese schon auf dem Weg zu einem ist, beziehungsweise ob sie bei der Behörde nach Verwendung wieder zurückgelangt ist. Dieses Tracking der Wahlkarte ist ebenfalls eine Neuerung", sagte Wenda.

Zusammenarbeit auf allen Ebenen

Für die Wahlbehörden ist die Abwicklung durchaus eine Herausforderung. Wenda betonte im APA-Gespräch vor allem die gute Zusammenarbeit aller Akteure, die dies ermögliche: "Wählen ist immer eine große Teamarbeit, das ist ganz wichtig zu betonen. An einem Wahltag sind 50.000 bis 100.000 Menschen im Einsatz. Es gibt wahrscheinlich kein anderes öffentliches Ereignis in Österreich, wo an einem einzigen Tag so viele Menschen an derselben Sache arbeiten – ob das jetzt Beisitzerinnen und Beisitzer in Wahlbehörden sind, ob das Menschen sind, die für die ganze Infrastruktur zuständig sind oder für die Sicherheit des Wahltages."

Das bedeute "ein ganz enormes Zusammenarbeiten, wo wir als Bundesministerium für Inneres viel Koordinations- und Steuerungsarbeit leisten, aber sozusagen nicht allein auf weiter Flur sind". In seiner Abteilung sei man "ein sehr, sehr gutes Team, sehr gut eingespielt". Klarerweise könne man immer mehr Personal brauchen, vor allem in intensiven Wahljahren. "Aber ich sehe uns sehr gut aufgestellt für beide Wahlereignisse". Auch betonte Wenda, dass seine Abteilung nicht allein für das Wahlvollziehen zuständig ist, "sondern wir arbeiten exzellent zusammen mit den Ländern, mit den Bezirken, mit den Städten und Gemeinden und mit anderen Organisationen, die sich mit der Wahl beschäftigen".

Zwei Millionen Wahlkarten, acht Millionen Stimmzettel

Die Vorbereitungsarbeiten beginnen laut dem Abteilungsleiter schon Monate vor dem Wahltermin. "Im Moment sind beispielsweise rund zwei Millionen Wahlkarten in der Produktion, es werden etwa acht Millionen Stimmzettel produziert, acht Millionen blaue Wahlkuverts produziert." Alleine das Drucksortenwesen, die Produktion der Materialien für die Wahl, sei "ein unglaublich aufwendiger und verantwortungsvoller Prozess". Es gehe aber genauso um die Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Schon lange kein Thema mehr sind jene Pannenserien mit den Wahlkarten, die wegen fehlerhafter Klebungen zu einer Verschiebung der 2016 vom Verfassungsgerichtshof aufgetragenen Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl gesorgt hatten. "Erstens einmal gibt es ja ein ganz anderes Wahlkartenmodell als 2016", sagte Wenda. Nun werde ein Modell verwendet, "das in der Statik nicht vergleichbar ist mit 2016". Neu an der Wahlkarte sei dieses Mal, dass sie auch ein großes Unterschriftenfeld hat für Menschen mit Behinderungen. "Das Wahlkartenmodell ist Millionen Mal in Verwendung als normales Kuvert. Und daher kann es allein aus diesen Gründen diese Thematik von damals nicht mehr geben."

Er selbst gehe gerne ins Wahllokal wählen. Zwar habe er, als die Briefwahl eingeführt worden ist, ein paar Mal diese Möglichkeit genutzt. In den vergangenen Jahren sei er aber wieder dazu übergegangen, selbst in der Früh ins Wahllokal zu gehen. "Das ist für mich auch eine wichtige Rückkoppelung." Gerade weil er sich dann am Wahltag im Innenministerium befindet – "in der Steuerungszentrale des bundesweiten Wahlereignisses" – sei es "schön, in der Früh noch die Menschen zu sehen, die im Wahllokal sitzen, die die Wahl vollziehen". Auch sehe man dort die Drucksorten, die man selbst in Auftrag gegeben hat, am Tisch liegen und bekomme ein Gefühl für die genannte Teamarbeit. "Das ist mir wichtig und ich versuche jetzt im Moment wieder mehr ins Wahllokal zu gehen."

Zur Person:

Mag. Gregor Wenda, Leiter der Abteilung für Wahlangelegenheiten im Bundesministerium für Inneres und Stellvertreter des Bundeswahlleiters. Geboren in Wien, 2001 Abschluss des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften an der Universität Wien, 2009 Abschluss eines postgradualen MBA-Studiums "Public Management" an der Universität Salzburg. Seit 2003 als Jurist im Bundesministerium für Inneres, anfangs in der Abteilung Legistik; Referent für Angelegenheiten des "Österreich-Konvents" von 2003-2005. Ab 2005 fungierte Wenda als Abteilungsleiter-Stellvertreter in der Abteilung für Wahlangelegenheiten des Bundesministeriums für Inneres; seit 1. Mai 2023 ist Wenda Leiter der Abteilung für Wahlangelegenheiten des Innenressorts.

Gregor Wenda, Leiter der Abteilung für Wahlangelegenheiten im Innenministerium, gab der APA Mitte April 2024 ein ausführliches Interview.
Foto: ©  BMI/Gerd Pachauer
Die Europawahl am 9. Juni 2024 bringt eine Reihe an Neuerungen mit sich.
Foto: ©  BMI/Gerd Pachauer
Neu ist seit Jänner dieses Jahres die mit dem Wahlrechtsreformpaket 2023 geschaffene Möglichkeit, bei der Abholung der Wahlkarte vor Ort sofort zu wählen.
Foto: ©  BMI/Gerd Pachauer

Artikel Nr: 26814 vom Dienstag, 23. April 2024, 09:30 Uhr
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