Bundeskriminalamt

Gewaltschutzbilanz zum ersten Halbjahr 2022

7.100 Betretungs- und Annäherungsverbote wurden im ersten Halbjahr 2022 von der Polizei ausgesprochen. 960 Präventionsbeamtinnen und -beamte sind derzeit innerhalb der Polizei für den Gewaltschutz speziell ausgebildet. Infos, Zahlen und Kontaktstellen im unten angefügten Link.

"Frauen, die von Gewalt betroffen sind, müssen ermutigt werden, die Polizei zu verständigen, um diesen Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen", sagt Innenminister Gerhard Karner am 26. Juli 2022. "Es braucht aber auch die Zivilcourage und das bewusste Hinsehen von Angehörigen und Nachbarn, wenn es zu Gewalthandlungen in der Privatsphäre kommt. Der Fokus wird daher in Zukunft noch mehr auf die Sensibilisierung der gesamten Gesellschaft vor Gewalt im privaten Zusammenleben gelegt werden." Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, ergänzt: "Gewalt in den eigenen vier Wänden ist keine Privatsache. Vielmehr ist es unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, häusliche Gewalt zu bekämpfen. Jede Frau muss wissen, dass es einen Ausweg aus der Gewaltspirale gibt. Wer gewalttätig ist, muss gehen."

Häusliche Gewalt ist ebenso wenig tolerierbar, wie Gewalt im öffentlichen Raum. In Österreich gibt es seit gut 25 Jahren mit dem Gewaltschutzgesetz einen Katalog an gesetzlichen Maßnahmen, die Opfer vor häuslicher Gewalt schützen sollen. Den Kernbereich dieser Maßnahmen stellen die Betretungs- und Annäherungsverbote und die seit September 2021 verpflichteten Gewaltpräventionsberatungen der Gefährderinnen und Gefährder dar.
Im ersten Halbjahr 2022 wurden von der Polizei rund 7.100 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen (2021 waren es 13.686 gesamt) und rund 5.900 Gefährderinnen und Gefährder an die Beratungsstelle für Gewaltprävention verwiesen (diese gesetzliche Verpflichtung besteht seit dem 01. September 2022). Ein Mehr an Betretungs- bzw. Annäherungsverboten bedeutet nicht zwangsläufig eine Zunahmen von Gewalt in der Privatsphäre. Es bedeutet aber jedenfalls eine hohe Bereitschaft zur Anzeige bei der Polizei, wenn es zu Gewalthandlungen kommt. Diese Anzeigen geschehen vorwiegend durch die Opfer selbst, aber auch durch Nachbarn und Angehörige. Durch eine breite öffentliche Diskussion des Themas "Gewalt in der Privatsphäre" und eine gezielte Infokampagne des Innenministeriums bzw. des Bundeskanzleramts in Print- und visuellen Medien soll die Bereitschaft, Gewalthandlungen in der Privatsphäre auch tatsächlich der Polizei zu melden, noch weiter gesteigert werden.

Bei jedem Ausspruch eines Betretungs- und Annäherungsverbotes wird seit 1. Jänner 2022 gleichzeitig automatisch ein vorläufiges Waffenverbot gegen die Gefährderin beziehungsweise den Gefährder ausgesprochen. 85 Sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen fanden im ersten Halbjahr 2022 statt, das sind bereits mehr als im Gesamtjahr 2021 (57 Fallkonferenzen wurden 2021 gesamt abgehalten). Bei Sicherheitspolizeilichen Fallkonferenzen werden von Vertreterinnen aller involvierten Institutionen und Behörden aktuelle Hochrisikofälle im Sinne des Opferschutzes analysiert und die entsprechenden Maßnahmen abgestimmt.

Da Gewalt in der Privatsphäre meist hinter verschlossenen Türen stattfindet, macht es diesen Deliktbereich für die Exekutive zu einer besonderen Herausforderung. Wie auch in anderen Ländern wurde in Österreich bereits vor längerer Zeit festgestellt, dass eine allein sicherheits- oder kriminalpolizeiliche Herangehensweise ein derart komplexes kriminalsoziologisches Problem nicht lösen kann, weshalb mittlerweile seit vielen Jahren eine enge Kooperation zwischen verschiedenen staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen besteht. Exekutive, Gerichte, Kinder- und Jugendhilfe sowie Gewaltschutzzentren und andere Nicht-Regierungsorganisationen müssen hier Hand in Hand arbeiten und potenzielle Opfer bestmöglich zu schützen. Daher ist es nötig, sich im Bereich des Gewaltschutzes bestmöglich zu vernetzen und regelmäßig abzugleichen. Aus diesem Grund fanden zwischen Polizei und weiteren Institutionen im Ersten Halbjahr zahlreiche Gremien und Arbeitstreffen wie das Vernetzungstreffen mit den Beratungsstellen für Gewaltprävention, das Vernetzungstreffen mit den Gewaltschutzzentren, der Runde Tisch, das Symposium anlässlich 25 Jahre Gewaltschutz, das Treffen der Arbeitsgruppe sowie des Fachgremium Gewaltschutz statt.

Gewaltschutz innerhalb der Exekutive

Seitens des Innenministeriums werden alle Maßnahmen, Prozesse und Ausbildungen im diesem komplexen Bereich der häuslichen Gewalt laufend evaluiert, modernisiert und verbessert. Federführend ist hierbei das Bundeskriminalamt.

Eine zentrale Maßnahme der vergangenen Jahre war und ist hierbei die Ausbildung von speziell ausgebildeten Präventionsbeamtinnen und -beamten. Derzeit sind 960 dieser Polizistinnen und Polizisten österreichweit im Einsatz. Sie haben eine Sonderausbildung und stehen flächendeckend für den Phänomenbereich des Gewaltschutzes intern und extern als ExpertInnen zur Verfügung. Das Ziel ist es, in jeder Polizeiinspektion eine der einen dieser Profis stellen zu können.
Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Schulung und Fortbildung der Polizistinnen und Polizisten im thematisch komplexen Feld des Gewaltschutzes. Diese Ausbildungen erfolgen in der Regel gemeinsam mit den Gewaltschutzzentren, der Gewaltschutzstelle Vorarlberg und der Interventionsstelle Wien.

Eine Vorreiterrolle nimmt die Landespolizeidirektion Wien mit der Implementierung des so genannten "GiP-Supports" (Gewalt in der Privatsphäre) ein. Es handelt sich hierbei um eine Hotline, bei der speziell geschulte und erfahrene Bedienstete die Ersteinschreiter der Polizei bei einem einschlägigen Einsatz unterstützen, bspw. durch Gefährdungseinschätzungen (ODARA-Prognoseinstrument) oder Hilfe bei juristisch komplexen Amtshandlungen. Diese Einrichtung soll bis zum Beginn des kommenden Jahres durch bundesländerübergreifende Kooperationsverbünde auf ganz Österreich ausgeweitet werden

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Symbolfoto.
Foto: ©  BMI/Gerd Pachauer

Artikel Nr: 19831 vom Dienstag, 26. Juli 2022, 10:48 Uhr
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